„Fairplay“, hieß es damals im Sportunterricht. Aber eigentlich sollte das Prinzip auch woanders gelten. Bei Fairplay geht es um Respekt vor dem Gegner. Es geht darum, seine Würde zu achten, auch im härtesten Kampf. Und das ist nicht einfach. Jeder hat sich schonmal machtlos gefühlt, gegen einen überlegenen Gegner. Das produziert Frustration und Wut, ja fast sogar schon Hass. Um trotzdem fair zu bleiben, muss man den anderen als Menschen anerkennen, als fühlendes und handelndes Wesen. Fairplay erfordert sich selbst zurück zu nehmen. Das fehlt nicht nur im Sport, sondern auch in unserer Diskussionskultur und in unserem täglichen Handeln.
Es gibt zu viel Individualismus, zu wenig Solidarität. Viele reden, ohne etwas zu sagen. Und genau das sollten wir gerade jetzt in der aktuellen Zeit besser machen. Die Gefahr, dass Menschen isoliert werden und abrutschen ist groß. Wir müssen den Dialog aufrecht erhalten, im gegenseitigen Respekt. Das gilt besonders für die Kommunikation zwischen Politik und Bürgern.
Die demokratische Debatte ist das Fundament unserer Gesellschaft. Durch sie haben wir viele Rechte erhalten. Sie besteht aus unterschiedlichen, auch oft gegensätzlichen Standpunkten. Kritik und freie Meinungsäußerung müssen dazugehören. Aber eben nicht egal wie. Auch eine Diskussion funktioniert nur mit Fairplay: Wer gerne hätte, dass man seine Meinung anerkennt und hört, muss dieses Recht auch anderen Meinungen zugestehen. Dazu gehört, den Standpunkt des jeweils anderen nicht kategorisch zu verurteilen, ihm nicht ohne konkrete Anhaltspunkte Lügen oder Hinterlist vorzuwerfen oder aber die eigenen Argumente auf Fakten zu basieren.
Wie beim Sport gibt es bei einer Debatte Regeln. Sie tragen entscheidend zum Erfolg oder Misserfolg einer Debatte bei. Diese Regeln sind also notwendig. Aber genau so notwendig ist, dass alle Beteiligten sie kennen und respektieren. Und genau das ist der Knackpunkt. Wir konzentrieren und so sehr darauf, was unsere Rechte sind, dass wir die dazugehörigen Pflichten vergessen. So wie man nicht mit einer Taube Schach spielen kann, so hat unsere Gesellschaft verlernt, miteinander zu sprechen. Meinungsfreiheit heißt auch, andere Meinungen zu akzeptieren.
Anne Kelleter
Ecolo Regionalabgeordnete