Spätestens seit Beginn der Coronakrise ist die Relokalisierung unserer Nahrungsmittelproduktion auch bei großen Akteuren ein Thema. Dieser Projektaufruf ist eine erste Antwort auf die Fragen, die sich seitdem viele Menschen stellen: Wie kann man auf die wachsende Nachfrage der Verbraucher nach lokaler Versorgung und qualitativ hochwertigen und diversifizierten Produkten reagieren? Wie kann sich das Lebensmittelsystem weiterentwickeln, um sozialen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen?
Eigentlich sollten nur ein knappes Dutzend Projekte unterstützt werden, aber der Erfolg des Aufrufs Anfang September (145 Kandidaturen) hat die zuständige wallonische Ministerin, Céline Tellier (ecolo) dazu bewogen, das vorgesehene Budget zu erhöhen. So sollen jetzt insgesamt 46 Projekte (siehe Liste unten) für einen Gesamtbetrag von fast 11,7 Millionen Euro unterstützt werden. Usprünglich waren nur 3 Millionen Euro vorgesehen.
„Mehr von dem, was wir essen, auch hier zu produzieren ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigeren und gesünderen Ernährung. Der Erfolg dieses Projektaufrufs zeigt, dass auch die Produzenten und andere Akteuere in dem Bereich darauf hinarbeiten wollen. Auch für sie bringen lokale Kreisläufe zahlreiche Vorteile“, sagt die Wallonische Regionalabgeordnete Anne Kelleter (ecolo).
Die 46 geförderten Projekte umfassen eine große Bandbreite von Themen. So sollen unter anderem lokale Kreisläufe geschaffen werden, spezifische Sektoren, wie zum Beispiel der Bio-Getreidesektor oder der Bio-Gemüsesektor weiter entwickelt und besser strukturiert werden, oder die Produktion von wallonischem Sonnenblumenöl etabliert werden. Wert gelegt wurde bei der Auswahl ebenfalls auf die Vielfalt der Projektautoren. So sind private und öffentliche Akteure, lokale und wallonieweit organisierte Partner dabei. Wichtig war auch, dass die Projekte sich gegenseitig ergänzen und das alle Teile der Wallonischen Region abgedeckt werden.
Die Unterstützung erfolgt in Form einer jährlichen Förderung von maximal 100.000 € pro Projekt und Jahr für 3 Jahre. Das ermöglicht den Projektpartnern, die Kosten für 1,5 Vollzeitäquivalente innerhalb bestehender oder zukünftiger Strukturen sowie die Betriebskosten zu decken. Céline Tellier: „Diese lokalen oder wallonischen Projekte werden Laboratorien für die Entwicklung nachhaltiger Lebensmittel sein, sie werden die Entwicklung innovativer Projekte in ganz Wallonien, aber auch lokale Arbeitsplätze ermöglichen“.
„Es ist klar, dass wir erstmal nicht 100% von dem was wir essen, auch hier produzieren können. Das ist auch nicht das Ziel des Aufrufs. Das Ziel ist und uns unabhängiger zu machen vom internationalen Markt und diese Chance zu nutzen, um die gesamte Produktionskette nachhaltiger zu gestalten. Dabei gilt es einerseits, den Landwirten ein gerechtes Einkommen für ihre Arbeit zu sichern und andererseits, diese Nahrungsmittel für Jedermann erschwinglich zu halten“, ergänzt die Regionalabgeordnete Anne Kelleter.
Um das zu erreichen, muss man bei der Relokalisierung nicht nur auf die Produzente schauen und sie zum Beispiel administrativ unterstützen, sondern auch darauf, wie die Produkte zum Kunden kommen. Dass kurze Wege zwischen Produzent und Kunden gut für’s Klima sind, versteht sich von selbst. Und auch die wachsende Nachfrage nach gesunden und lokal produzierten Produkten muss beantwortet werden.
Ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch zwischen Projektpartnern soll helfen, Schwierigkeiten bei der Umsetzung zu eliminieren und gute Praktiken zu verallgemeinern. Die wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Austausch zwischen den Projektleitern werden dann an das Wallonische Kolleg für nachhaltige Ernährung (CwAD) weitergegeben, um die politischen Debatten mit konkreten Erfahrungen zu füttern.
Die ostbelgische Beteiligung findet sich in dem Projekt des „Ratav“ (Réseau alimen-terre de l’arrondissement de Verviers, http://www.ratav.org), an dem die WFG mit beteiligt ist.