Am gestrigen Montag wurde in der Plenarsitzung des Parlaments über eine Resolution diskutiert, die die verschiedenen Regierungen Belgiens dazu aufruft, eine koordinierte finanzielle Aufwertung des Pflegesektors durchzuführen. Zu dieser Resolution kam das Vorziehen der Aufwertung der Gehaltstabellen, die im Rahmenabkommen mit dem Nicht-kommerziellen Sektor festgehalten wurden. Für die Ecolo-Fraktion muss diese Aufwertung über das finanzielle Element hinaus gehen und die Arbeitsbedingungen, sowie die Zahl der Pfleger pro zu pflegenden Personen aufstocken. Dabei darf der Auftrag der Regierung nicht am Rande unserer Kompetenzen enden. Diese Aufwertung muss NACHHALTIG und FLÄCHENDECKEND gelingen! Dazu äußerte sich in Ihrer Rede Inga Voss:
Die Rede als Text:
Werter Herr Parlamentspräsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von Parlament und Regierung,
wir sind uns alle einig: Es bedarf struktureller Aufwertungen im Pflegesektor, sowohl in unserem Aufgabenbereich als auch in den anderen Teilstaaten. Sowohl finanziell, wie auch bei den Arbeitsbedingungen. Allein die Verbesserung der Pfleger pro Patient-Quote beispielsweise ist nicht nur für das Personal, sondern auch für die Patienten wichtig. Die jetzige Krise als Antrieb und Hebel zu nutzen, um eine Aufwertung des Pflegesektors endlich ganzheitlich anzupacken, begrüßen wir. Wir begrüßen das aber nicht wegen der Krise, sondern weil eine strukturelle Veränderung längst überfällig ist. Ecolo fordert seit Jahren für den Pflegesektor eine koordinierte finanzielle Aufwertung, die zahlenmäßige Aufstockung des Personals sowie die Bekämpfung des Fachkräftemangels. Letzteres zieht vorliegende Resolution leider nicht in Betracht. Wir möchten das aber in Zukunft ebenfalls behandelt sehen. Wenn dieser Sektor tatsächlich und nachhaltig aufgewertet werden soll, müssen wir das ganzheitlich anpacken, in Konzertierung mit allen Akteuren des Landes.
Niemand soll sich dahinter verstecken dürfen, dass man ja nur teilweise zuständig sei. Tut dies wie so oft zu diesem Thema jeder, dann geschieht wieder gar nichts.
Vielleicht hilft diesmal die Symbolik, dass alle Abgeordneten dieses Hauses diese Resolution einreichen. Spricht der Text von einer „möglichst“ koordinierten finanziellen Aufwertung, so schicken wir hinterher: Diese Aufwertung muss sogar „zwingend“ koordiniert sein. Koordiniert mit allen Akteuren, dem Terrain und den betroffenen politischen Ebenen. Lassen Sie uns in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass der Bürgerrat sich eingehend mit dem Thema „Pflege“ befasst und wir dessen Ergebnisse abwarten sollten, bevor wir in dieser Materie weitere Fakten schaffen.
Fakten schafft die DG dann wohl auch, indem das Krisendekret die vor einem Jahr beschlossene Aufwertung der Pflegeberufe in den eigenen Zuständigkeiten um zwei Jahre vorzieht. Für mich gehören diese beiden Dinge zusammen.
Warum ist Koordination uns so wichtig? Die Politik darf keine Konkurrenz oder Ungleichheit schaffen. Genau so wenig sollte sie den öffentlichen Sektor gegenüber den anderen Akteuren benachteiligen. Das wäre vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels fatal für einige Institutionen, Personal und Patienten. Das ist in unseren Augen die feine Nuance zwischen dem Auftrag an die Politik, „den Pflegesektor aufzuwerten“ und „dafür zu sorgen, dass nur die Pfleger, die wir bezahlen, mehr bekommen“.
Bei der Unterschrift des Abkommens wurde klar, dass mit einer Gehaltssteigerung von 17 % Pflegehelfer jetzt mehr als ihre Kollegen in den Krankenhäusern verdienen, obwohl auch dort die Beschäftigten über Unterbezahlung und Überlastung klagen. Im Bericht des BRF bedauerte Sozialminister Antonios Antoniadis das. Der Regierung seien aber die Hände gebunden. Nun ziehen wir diesen Aspekt des Abkommens vor, was die Krankenhäuser und den öffentlichen Sektor in Zugzwang bringt. Können diese überhaupt auf dem selben Level nachziehen oder bringt man hier verschiedene Ebenen in finanzielle Bedrängnis? Wie soll gewährleistet werden, dass alle Pfleger bessere Arbeitsbedingungen erfahren, über unseren Zuständigkeitsbereich hinaus?
In meinen Augen gehören beide Maßnahmen untrennbar zu ein und derselben Aufgabe: die Resolution und das Vorziehen der Aufwertung der Gehaltstabellen von Personal in Wohn- und Pflegezentren für Senioren. Ich möchte klarmachen, dass wir mit dieser Resolution nicht die Aufgabe weitergeben an die anderen Parlamente und Regierungen. Ich hoffe, Sie sehen das ähnlich.
Den Satz „Das ist nicht unsere Zuständigkeit“ darf in diesem Zusammenhang niemand mehr hören, weder im Parlament, noch in der Bevölkerung. Diese Resolution beinhaltet einen glasklaren Auftrag an die Regierung der DG: Fahren Sie nach Brüssel, klopfen Sie nicht allzu leise an die Türen ihrer Ministerkollegen und sorgen Sie dafür, dass hier Fortschritte gemacht werden! Erst wenn das gewährleistet ist, haben Sie ihren Job in dieser Sache vollständig erledigt! Alles andere wäre fatal und eine Enttäuschung für das Vertrauen, das wir Ihnen mit diesem Krisendekret schenken!
Wenn nicht alle mehr bekommen, dann hat die DG nur den Minimaldienst geleistet und das wäre nicht genug für all jene, die immer wieder weit über die Schmerzgrenze hinausgehen. Mir stellt sich in der aktuellen Situation noch einmal mehr die Frage: Wer sind denn dann die besagten Helden? Denn diejenigen, die man damit meint, merken diese Anerkennung jedenfalls nicht in ihrer Lohntüte.
Abschließend möchte ich sagen, dass wir dem Krisendekret II als Gesamtdokument zustimmen werden. Es enthält Schritte für die Zeit nach der Coronakrise, für das, was wir danach anpacken müssen. Es enthält Schritte, mit denen wir die Überwindung der Krise vereinfachen. Das sind wichtige Aspekte. Einzig Artikel 5 – die Infrastrukturzuschussfrage – werden wir ablehnen. Die Grundidee der Unterstützung der Gemeinden erscheint uns als absolut richtig. Wir finden, dass die Infrastrukturfrage viel detaillierter geklärt werden muss, gerade auf nachhaltige Projekte ausgelegt, deren Priorität sich durch die Krise ergibt. Als Fraktion des Parlaments, und als Oppositionsfraktion, hoffen wir auf eine positive Umsetzung der Maßnahmen.
Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit.