Die Zukunft liegt in unseren Händen!

“Mit Blick auf die Klimakrise sind die Entwicklungen der vergangenen 50 Jahre in die falsche Richtung gegangen”, resümiert Freddy Mockel die Entwicklung in der Raumordnung. “Es ist jetzt nicht so, als hätte man keine Lehren gezogen aus Klimakrise, Überschwemmungen, und Dürren.” Hier geht es um eine grundlegende Zuständigkeit, die die Weichen für die Lebensqualität der Zukunft stellt. “Hier fordern wir einen klaren Kurswechsel der Regierung, um zukunftsgerichtet und resilient aufgestellt zu sein.“ Ostbelgien braucht neue Konzepte, damit Ostbelgien auch in Zukunft eine gute Lebensqualität für alle Ostbelgier bieten kann und es weiter Gestaltungsmöglichkeiten für die Zukunft gibt. Dabei ist die Erwartung nicht, ein fertiges, detailliertes Gesamtkonzept von Anfang an zu haben. “Aber dieser Regierung fehlt von Anfang an und immer noch eine Grundeinstellung, die Gesamtvision, mit der man mutig und mit nachhaltigen Grundkriterien erste Dinge gestaltet.”

Das Umdenken wird schon allein in der Flächenverwaltung gebraucht, findet Freddy Mockel: “Wir können nicht ständig weiter landwirtschaftlich genutzte Flächen und andere nicht bebaute Flächen opfern. Kein Geld der Welt kann das ausgleichen, was jetzt noch immer falsch gemacht wird.”

Für Handwerks- und Industriezonen sollte gelten, den Bestand besser zu nutzen, Flächen wo möglich zu entsiegeln, den Impakt in Sachen Energie und Mobilität verringern. Falls zusätzlich erschlossen werden müsse, sollten diese Projekte die nachhaltigsten Standards setzen, findet Mockel.

In der Wohnbebauung gilt es, gleichzeitig die Attraktivität der Dorfzentren zu steigern und die Zersiedlung auszubremsen: man erhält oder steigert sogar die sozialen Kontakte und vereinfacht und verringert den motorisierten Mobilitätsbedarf auf dem Lande.

“Vom Wachstumsgedanken getrieben werden sowohl in der Raumordnung als auch im Wohnungswesen die Fakten des demographischen Wandels komplett ausgeblendet: wir werden immer älter, nicht aber zahlreicher.” Bei der WFG sind dazu mit EU-Förderung interessante Pilotprojekte entstanden. Dabei sollte es aber nicht bleiben. 

Dass Klimapolitik auch Sozialpolitik ist, sollte jedem klar sein. Das sieht man an der Wohnungspolitik. Hier geht es darum, sowohl den privaten als auch den öffentlichen Wohnraum weiter zu entwickeln, hin zu einem sicheren, gesunden und bezahlbaren Wohnraum, der an die Bedürfnisse angepasst ist.

“Es richtig, dass die DG massiv Mittel vom europäischen Konjunkturplan verwendet, um den stark sanierungsbedürftigen Sozialwohnungspark zu sanieren. Zwei Dinge sind uns jedoch wichtig: erstens werden diese Mittel nicht reichen, im Anschluss wird man weiter sanieren müssen. Und zweitens: Die energetischen Sanierungen müssen nachhaltig erfolgen, beispielsweise ohne Dämmstoffe auf Erdölbasis.” 

Die große Herausforderung aus unserer Sicht ist die Reduzierung der Fehlbelegungen bei ÖWOB. Sie treffen auf weit über die Hälfte des Wohnungsparks zu. Die meisten Fehlbelegungen sind unterbelegte Wohnungen, aber es sind auch viele Wohnungen für ihre Bewohner zu klein. Hier muss, partnerschaftlich mit den Bewohnern, diese unhaltbare Lage ständig verbessert werden. Die DG muss den ÖWOB mit allen Möglichkeiten, die sie hat, darin unterstützen. 

Insgesamt gesehen gibt es in der DG noch zu wenig öffentlich geförderte Sozialwohnungen; deshalb ist es umso wichtiger, dass sie passend verteilt werden und den Bedürfnissen der Bewohner entsprechen.

Vor allem aber findet Freddy Mockel wichtig, dass über 90% der Mietkandidat*Innen nur über geringe oder Ersatzeinkommen verfügen: “Das Bestreben der Regierung, 20% der Wohnungen für mittlere Einkommen zu reservieren, wäre damit eine antisoziale Maßnahme, wenn sie kurz- oder mittelfristig einfach umgesetzt würde.”

Das gute Ziel einer sozialen Durchmischung sollte daher über diesen Weg erst bei genügendem passenden Angebot erfolgen. Eine bessere soziale Durchmischung lässt sich auch jetzt schon erreichen, indem die geplanten zusätzlichen Wohnungen in jeweils kleiner Zahl in bestehenden Vierteln oder Dorfzentren entstehen.

Neben der Industrie und der Mobilität ist der Heizbedarf der Privathaushalte der größte Faktor im Energieverbrauch. Gerade vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Klimakrise ist das wichtig. 

Das Zeitfenster, daran etwas zu ändern, ist kurz und möglichst viel soll bis 2030 erreicht sein. Dementsprechend hat die EU nicht nur die Zielvorgaben zu mehr erneuerbarer Energieproduktion erhöht, sondern auch zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen.

In Belgien müssen diese Vorgaben von den Regionen umgesetzt werden. In der DG wird das Paket „Vorschriften/Förderung“ nochmal gesplittet werden: die Wallonische Region muss die Vorschriften präzisieren und in einen Kalender gießen, die DG muss über Zuschüsse und zinslose/zinsgünstige Darlehen zur energetischen Sanierung dafür sorgen, dass sich jeder diesen Übergang leisten kann. “Das ist unsere Priorität. Denn Energiearmut wegen hohem Verbrauch von fossilen Brennstoffen wird schlimmere Folgen haben, als wenn die DG jetzt investiert.”

Zur Zeit ist es noch oft so, dass fast jede Verbesserung bezuschusst wird, egal wie hoch das Einkommen oder das Vermögen ist, egal wie hoch oder niedrig die Energieeinsparung ist und egal wie niedrig der Zuschuss im Verhältnis zur Investition ist.

“Jemand mit einem sehr hohen Einkommen, einer Vielzahl von Immobilien erhält (fast) genauso viel Zuschuss, wie die 70 jährige Rentnerin, die ihr Eigenheim besser isolieren will oder ihre Heizung ersetzen möchte, damit sie über den nächsten Winter kommt,” so Mockel.

Darüber hinaus ermöglichen die Bezuschussungsregeln der DG, dass man mitunter Zuschüsse für den jetzt sowieso gültigen Energiemindeststandard bekommt, der in 10 Jahren schon lange überholt sein wird von den gesetzlichen Anforderungen. Ein Standard, bei dem der oder die Durchschnittsverdiener*in seine Energierechnung bezahlen kann.

Deshalb braucht es in der DG einen erhöhten Zuschuss für Menschen mit niedrigem bis mittlerem Einkommen, der eine Investition mit einem hohen Energiestandard so abdeckt, dass es sich lohnt.

Wenn wir die finanziellen Mittel der DG schlau investieren wollen, müssen wir ebenfalls verhindern, dass weiterhin viele Mitnahmeeffekte bestehen: alle Zuschüsse müssen dazu dienen, dass energetische Renovierungen gemacht werden, die man sich sonst nicht finanziell leisten konnte, oder die dadurch zumindest vorgezogen wurden.

“Soziale Gerechtigkeit sollte keine Lotterie sein”, so leitet die Abgeordnete im Ausschuss für Soziales, Inga Voss, ein. “Man sollte nicht davon abhängen, in welchen Körper, in welches Privileg oder mit wie viel Geld man auf die Welt kommt.” Wer glücklicherweise ein gutes Blatt auf der Hand hat, kann in allen Lebenssituationen die richtige Karte wählen und zu seinen Gunsten ausspielen. “Doch wenn einem keine Trümpfe auf die Hand gegeben werden, man mit wenig Geld, einer schlechte Wohnung, ohne soziales Auffangnetz, mit geringen Bildungsmöglichkeiten, administrativen Hürden, oder Diskriminierung zu kämpfen hat, dann kommt es zu Isolation, dann leiden auch Selbstwert und Selbstfürsorge.” 

Unsere Welt ist nicht gerecht. Umso wichtiger ist es, dass wir uns in der Politik darum kümmern, dass es Mechanismen gibt, die jeden und jede davor bewahren, durch das Raster zu fallen. Und wir möchten dafür sorgen, dass alle das Recht, mitgenommen zu werden in der Gesellschaft, auch nutzen können. 

Für ECOLO ist es von großer Bedeutung, dass diese politischen Maßnahmen so früh wie möglich greifen und sich über die Reaktion auf bereits bestehende Probleme hinaus auch auf die Prävention konzentrieren. “Die typische Politik der bloßen Symptombehandlung und des Außer Acht Lassens der Gründe für die Probleme halten wir für nicht zielführend. Wenn wir so früh wie möglich den am schwersten von Armut getroffenen Menschen helfen, haben wir die besten Chancen, dass sie nicht in die soziale Benachteiligung rutschen. Deshalb ist es wichtig, sich auch auf soziale Investitionen und Prävention zu konzentrieren”, so Voss.

Unsere Senioren stehen vor Herausforderungen, auf die wir eingehen müssen. Gerade finanziell wird es immer schwieriger, in Würde zu altern. Und das gilt sowohl auf Seite der Senioren als auch auf der der Dienste und der Wohn- und Pflegezentren. Die Eigenbeteiligung in den Kosten für Unterbringungen aber auch in der Pflege und allen anderen Dienstleistungen steigt immer weiter. Die Energiekosten sind in den letzten Jahren ebenso gestiegen. Doch was tun wir dagegen?

Für Inga Voss besteht deutlicher Handlungsbedarf: “Es braucht mehr als punktuelle Unterstützungen. Neue Wohnformen müssen für alle Senior*innen zugänglich sein. Mehrgenerationenprojekte müssen gefördert werden, um auch der Alterseinsamkeit den Zahn zu ziehen. Projekte wie Mehrgenerationenhäuser, Wohngruppen und verschiedene private Initiativen sind interessante Ansätze in dieser Thematik. Die Anreize für Träger solcher Projekte müssen aber deutlich gesteigert und mehr Projekte müssen ins Leben gerufen werden.”

Zeitgleich muss aber auch das Angebot für die Menschen verbessert werden, die häusliche Pflege benötigen und das zu Preisen, die sich alle Menschen leisten können. Dazu wird es einen Aufbau und eine Veränderung in der Systematik geben müssen. “Schließlich gibt es viele Senioren in der DG, die noch fit genug sind, um alleine zu wohnen, die es sich aber durch geringe Renten oder steigende Mietkosten nicht mehr leisten können.” Hier entstehen menschenunwürdige Wohnsituationen, denen schnell entgegengewirkt werden muss.

Das bringt Inga Voss zum Pflegegeld und zur Problematik, die sich dabei ergibt: “Die ärmsten Senioren bekommen nämlich jetzt weniger Pflegegeld UND das EKE-Statut muss jetzt beantragt werden – wenn ich das nicht weiß, nicht verstehe oder nicht schaffe, die Anstrengung zu machen, fallen viele andere Vorteile weg. Es bezieht sich also nicht ausschließlich auf die beispielsweise 47 € Pflegegeld im Monat, sondern zusätzlich auf den Sozialtarif beim Strom und beim Gas, sowie erhöhte Kostenerstattung für bestimmte Leistungen (beim Arzt zum Beispiel), wodurch man mehr von der Kasse erhält oder noch weniger Eigenanteile für bestimmte Medikamente oder Dienstleistungen zu zahlen sind.” 

Das sind einige Bereiche, in denen sich dringend Dinge verändern müssen. Und oft sind es die, für die die aktuelle DG-Politik zu wenig Aufmerksamkeit hat. Das zeigt sich daran, dass der Minister zwar medienwirksam betont, wie wichtig ihm das Thema ist. Allerdings wird der Flickenteppich von Maßnahmen immer größer und passt vorne wie hinten nicht zusammen. Das wird langfristig problematisch sein. 

Es gibt mehr als genug Menschen, die schon mit einer schlechten Ausgangssituation starten und denen dann auch nicht mit Sofortlösungen geholfen wird. Es wird echte Veränderungen brauchen und auch aufsuchende Seniorenarbeit wird vonnöten sein.

Ein stabiles soziales Netzwerk zu haben, klingt nach Social Media. Doch es ist in der realen Welt unfassbar wichtig. Menschen mit starkem Netz werden besser aufgefangen, sind resilienter gegen persönliche Rückschläge, aber auch gegen radikalisierendes Gedankengut oder mentale Beschwerden. Wer sich alleine durchboxen muss, hat schlechte Karten. 

Darauf zu achten, ist eine Form der Prävention, erklärt Voss. “Und darauf werden wir im neuen Jugendhilfe- und Jugendschutzdekret, welches aktuell zur Besprechung im Parlament ist, achten: Uns ist wichtig, dass genug auf Prävention gesetzt wird in der DG-Jugendpolitik. Diese muss enkeltauglich sein und damit wandelbar für die Fragen und Herausforderungen, denen sich unsere Kinder und Enkel stellen werden. Das ist ja auch in der Bildungspolitik unser Ansatz.” 

Wir möchten dazu anregen, Studien zur Rate zu ziehen – die es gibt und die im Übrigen belegen, dass wir Erfolge erzielen, wenn wir in der Jugendhilfe früher ansetzen: mobile Teams für Eltern über das jetzige Angebot hinaus, Resilienzstärkung für Familien, Präventionsarbeit ab der frühen Kindheit, Unterstützung von Schulpersonal, etc. Alles früh Investierte müsste unter dem Strich effizienter sein. Das wäre übrigens auch ressourcenschonender als der Aufnahmeapparat, den wir benötigen, wenn wir alle diese Chancen verpassen.

Jugendhilfe bleibt ein wichtiger Hebel. Der Jugendschutz wird auch nicht überflüssig werden. “Aber wir würden ihn früher ansetzen und vielleicht mehr junge Menschen und ihre Erziehungsberechtigte dort abholen, wo sie stehen, wo ihre Bedürfnisse sind. Hilfe, die gegeben wird, ist genauso wichtig wie die, die man sich sucht.” 

Dem fügt die Abgeordnete hinzu: “Das Angebot, junge Menschen ambulant und stationär zu begleiten, funktioniert gut, es ist aber ausbaufähig in Anzahl, Kapazitäten und Vielfalt. Und dafür, dass dieser Ausbau und die Verbesserung umgesetzt werden, setzen wir uns ein.”

Ein Aspekt, der Inga Voss besonders am Herzen liegt, ist die Bildung von sozialen und emotionalen Kompetenzen von jungen Menschen und ihren Eltern. Sie erklärt: “Emotionale Bildung wird immer noch viel zu klein geschrieben in der Jugend-, Familien- und Bildungspolitik der DG.” 

Das bestätigt auch der Abgeordnete im Bildungsausschuss, Andreas Jerusalem: “In der Schule begegnen uns immer wieder Kinder, die aufgrund ihres besonderen Verhaltens aus dem uns vertrauten Rahmen fallen. Diese Kinder mit herausforderndem Verhalten bringen unsere Lehrpersonen an ihre Belastungsgrenzen. Oft werden diese dann auf die Förderschulen in der DG geschickt.” Laut dem Direktor des Zentrums für Förderpädagogik in Ostbelgien weisen seit vielen Jahren lediglich ein Drittel der Schülerschaft in den Förderschulen Ostbelgiens „eine nachgewiesene Behinderung oder Beeinträchtigung” auf, bei zwei Dritteln handelt es sich um Schüler mit sogenannten „Verhaltensauffälligkeiten“. Die Förderschulen sind aber nicht besser und nicht schlechter für diese Kinder gewappnet, als es bei Regelschulen der Fall ist – daher ist es entscheidend, dass die Regelschulen für die Arbeit mit diesen Kindern fit gemacht und ausgestattet werden.

Diese Tatsache sollte uns auch auf politischer Ebene wachrütteln, da es hier um Schüler- und Lehrergesundheit geht. 

Jerusalem, der selbst Lehrer ist, führt das aus: “Schüler*Innen mit fehlenden emotionalen und sozialen Kompetenzen sind ungünstigen Lernvoraussetzungen ausgesetzt, die sich auf viele Bereiche im Unterricht negativ auswirken. Diese Schwierigkeiten können sich ohne wirkungsvolle Unterstützung steigern und verfestigen. Durch präventive Hilfen können die Voraussetzungen für den täglichen Unterricht verbessert, sozial-emotionale Entwicklungs- und Verhaltensstörungen vorgebeugt und ein erfolgreicher Schulbesuch sichergestellt werden.” Allerdings ist es im Alltag oft so, dass Anzeichen einer belasteten sozial-emotionalen Entwicklung nicht wahrgenommen werden, da sie unregelmäßig und im Schweregrad wechselnd auftreten. Gleichzeitig stehen oft Befürchtungen im Hinblick auf Stigmatisierungsprozesse der Schüler*Innen im Raum, Verunsicherungen von Eltern wollen vermieden werden und es fehlt oft an Kenntnissen zu möglichen Hilfen für die entsprechenden Kinder. 

“Hier muss sich etwas tun! Daher forderten wir schon vor einiger Zeit, dass Schulen nicht nur Logopäden brauchen, sondern dass die multiprofessionellen Teams, durch Kinderpsychologen, und Erziehern in Schulen erweitert werden müssen.” Es braucht mehr Expertise, um präventiv an der sozial-emotionalen Entwicklung unserer Schüler zu arbeiten und professionell im Team unterstützen zu können, wenn sich ein herausforderndes Verhalten schon gefestigt hat. Prävention ist allerdings das Stichwort, wenn wir nachhaltige Entscheidungen treffen wollen, da sind sich Voss und Jerusalem einig.

Viel wurde über die Taktung der Ferien diskutiert. Doch dass wir im Jahr 2023 nach wie vor einen nach christlichen Feiertagen und damit dem Mondkalender unterstehenden Kalender haben, ist schlicht sinnbefreit. Es geht darum, einen Schulkalender zu schaffen, der sowohl für Schülerinnen und Schüler, als auch für das Personal Sinn macht. Ferien sollten nicht gebraucht werden, weil man am Ende ist, sondern Teil des Rhythmus sein.

Andreas Jerusalem zeigt sich sicher: “Wir werden Druck ausüben, dass dieses Thema endlich im Parlament auf den Tisch kommt und mit all seinen Vor- und Nachteilen diskutiert wird. Ausreden und Herauszögerungen wollen wir nicht mehr gelten lassen. Jeder hat eine Meinung dazu. Uns liegt viel daran, dass die Bürger der DG auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu kennen und sachlich darüber diskutiert wird.” Daher streben wir eine öffentliche Anhörung im Parlament zu diesem Thema an. Am besten auch mit einer öffentlichen Ausstrahlung, weil die Meinung der Menschen uns dazu interessiert. 

Das von der Ministerin in Arbeit gegebene und erschienene chronobiologische Gutachten stellt uns dabei nicht zufrieden. Alle genannten Erkenntnisse, die sich auf die SchulTAGEStaktung beziehen, sind schon längst aus der Fachliteratur bekannt. Für diese Erkenntisse hätte die DG kein Gutachten in Auftrag geben müssen, sondern die Fachliteratur lesen oder unsere Veranstaltung zum Thema im Jahr 2013 besuchen können, die damals schon diese Erkenntnisse aus der Wissenschaft zur Diskussion gebracht hat. Und Empfehlungen zur Schuljahrestaktung wurden aus dem Gutachten auch nicht formuliert. Deshalb müssen wir die Experten aus der Französischsprachigen Gemeinschaft mit einbeziehen, die haben nämlich schon mit der Materie gearbeitet.

Chancengerechtigkeit in der Bildung ist ein extrem wichtiger Aspekt, der oft diskutiert wird. Doch es tut sich nach wie vor nicht genug. In der Bildung die gleichen Chancen zu haben, bedeutet eben nicht nur, dass alle den selben Zugang zu Bildung haben, sondern auch, dass jede Person die selben Chancen hat, mit dieser Bildung Erfolg haben zu können. Das fängt bereits bei elementaren Dingen an: 

“Nicht jedes Kind hat die Chance, morgens ein gesundes und reichhaltiges Frühstück zu essen oder eine gesunde Brotdose mit in die Schule zu nehmen. In vielen Familien reicht auch das Geld nicht, um eine warme Mahlzeit in der Schule zu bezahlen. Das hat enorme Auswirkungen auf die Gesundheit und die Lernfähigkeit der Kinder und damit auf ihre Zukunft.” Es gäbe eine einfache Lösung, die Finnland schon seit 70 Jahren durchführt: Kostenlose Schulmahlzeiten. Zusätzlich bieten Schulmahlzeiten mehr als nur die Bereitstellung von Essen. Sie können die lokale Landwirtschaft und Märkte unterstützen und gleichzeitig Gesundheit, Ernährung und Bildung verbessern, wodurch Regionen widerstandsfähiger werden. 

Wir beobachten übrigens, dass viele Schulen in dieser Hinsicht schon “unterwegs” sind.

Die Gesamtvision soll offenbar kurz vor der Wahl vorgestellt werden. Der anfänglich partizipativ anmutende Prozess hat sich aber spätestens seit der Corona-Krise in Luft aufgelöst – und danach auch nie wieder Fuß gefasst. “Wir haben immer wieder erklärt, dass wir mitarbeiten und mitgestalten wollen”, erklärt Jerusalem, “wenn ein solcher Paradigmenwechsel auf breite Zustimmung stoßen soll, muss er auch breit diskutiert werden. Dass selbst wir als Abgeordnete nicht eingebunden wurden, finden wir extrem enttäuschend. Die Erwartungen sind daher enorm hoch. Wir hoffen, dass sie erfüllt werden und dass entsprechend auch eine breite Zustimmung in der Lehrer-, Eltern- und Schülerschaft zu erreichen ist.”

Wir sind fest davon überzeugt, dass Schule in vielen Bereichen neu gedacht werden muss. Damit unsere Kinder auf die Herausforderungen ihrer Zukunft vorbereitet werden und jeder sein Potenzial optimal entfalten kann, müssen Strukturen verändert werden, sodass sich der Unterricht überhaupt verändern kann. “Hierbei sind uns weiterhin Teilthemen wie Feedback anstatt Noten, zeitgemäße Prüfungskulturen, Teamteaching, Inklusion, multiprofessionelle Teams usw. wichtig.” Dies alles und noch viel mehr erhoffen wir uns von der Gesamtvision der Ministerin, an deren Prozess wir, wie erwähnt, nicht aktiv beteiligt wurden. Gleichzeitig müssen Schulen die Möglichkeit bekommen, aktiv Schulentwicklung zu betreiben. Der Rahmen muss von politischer Seite gesteckt werden – aber so, dass personell und finanziell die nötigen Schritte auch umsetzbar sind. Die richtige Antwort darauf muss unserer Meinung nach auch in der Stärkung der Autonomie und der Verantwortung jeder einzelnen Schule liegen, denn wir brauchen eine vielfältige Schullandschaft.

Im letzten Maßnahmendekret wurden die Hausaufgaben dekretal geregelt. Dieses Thema liegt der Ecolo Fraktion sehr am Herzen und auf der Rentrée politique im vergangenen Jahr stand dieses auf unserer Prioritätenliste. Nun sind wir kein Freund davon, Dekrete einfach nur zu verabschieden. Viel wichtiger ist es, zu beobachten, ob die Umsetzung auch gelingt und Wirkung zeigt, ob es Schwierigkeiten gibt, die Hilfe erfordern oder ob Anpassungen gemacht werden müssen. 

Letztlich wollen wir noch auf die Umstrukturierung der Kinderbetreuung und des RZKB eingehen. Hier steht die DG vor einer riesigen Herausforderung, deren Umsetzung maßgeblich einen Einfluss auf die Lebensqualität von Eltern und Kindern haben wird. Darauf werden wir ein Auge haben und den Prozess eng begleiten.