Seit einigen Wochen schon schwappt der deutsche Wahlkampf über unsere Grenze und ein Thema erhitzt dabei besonders die Gemüter: das Thema Einwanderung. Ohne Rücksicht auf Betroffene werden allerlei Themen zusammenhanglos gemischt: Asylpolitik, Einwanderung von Fachkräften (die gebraucht werden), fehlende Umsetzung bereits bestehender Gesetze, tragische Anschläge und ihre Ursachen – alles wird als ein und dasselbe Problem dargestellt und die Lösung ist scheinbar so einfach: Ausländer raus.
Der Kanzlerkandidat der Christ-Demokraten verspricht gar “Migranten” (welche?) an den Grenzen zu kontrollieren und zurückzuweisen. Jeder von uns, der praktisch täglich die deutsche Grenze in Winterspelt, auf Köpfchen oder über die Lütticher Straße überquert, weiß, dass das Schwachsinn ist. Es ist weder praktisch umsetzbar, noch gibt es dafür ausreichend Personal, geschweige denn überhaupt irgendwelche Befugnisse. Dafür müsste erst einmal umständlich nationales UND europäisches Recht überarbeitet werden. Und weil die deutschen Christ-Demokraten ein so gutes Verständnis von Demokratie und Kompromissfindung haben, machen sie aus diesem utopischen Zustromsbegrenzungs-Wunschpaket gleich eine … nicht verhandelbare Forderung.
Es ist ja nicht ungewöhnlich, dass Politikerinnen und Politiker in einem Wahlkampf Versprechen machen, die sie nicht umsetzen können. Aber betrachten wir das Ganze mal aus der Perspektive derer, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu uns gekommen sind. Wir versprechen den Menschen: Wenn ihr euch integriert, dürft ihr Teil unserer Gesellschaft sein. Das ist eine glatte Lüge. Als das Assad-Regime in Syrien gestürzt wurde, hat es keine 24 Stunden gedauert, bis gefordert wurde: Jetzt können alle Syrerinnen und Syrer zurück “nach Hause”. Du sprichst fließend Deutsch? Engagierst dich im Verein? Hast eine Arbeit? Völlig egal. Ab “nach Hause”!
Wir Grüne, hier und drüben, werden nicht müde, es immer und immer wieder zu betonen: Es gibt keine einfachen Lösungen für komplexe Probleme. Die Probleme sind real, aber die Lösungswege mehrschichtig. Man kann keine Mauer durch das Mittelmeer bauen. Man kann auch nicht alle Flughäfen schließen. Wir können uns wohl auch alle einig sein, dass wir nicht schon wieder Grenzzäune mit Stacheldraht und Wachtürmen haben möchten, oder? Also haben wir keine andere Wahl, als uns zu bemühen, unser Miteinander zu verbessern. Wir haben ALLE das Recht auf ein Leben in Sicherheit und Zuversicht. Wenn wir uns darauf einigen könnten, wäre das schon ein guter Start.
Fabienne Colling & Andreas Jerusalem
Ecolo-Fraktion im PDG