Der Text enspricht der Redevorlage:
Verrechnet, vergallopiert, … Vollbremsung.
So muss man wohl die Irrungen und Wirrungen der letzten sechs Monate der Finanzpolitik der Regierung der DG beschreiben. Oder der Versprechen der letzten zwei Jahre.
Die Vollbremsung ist für 2020. Doch was kommt danach?
Schaut man sich die Schätzungen ab 2021 an, dann kann der nächste Slogan im Standortmarketing Ostbelgien bald heißen: „Arm aber Sexy“. Ersteres ist auf gutem Weg. Doch der Reihe nach…
Herr Ministerpräsident. Voriges Jahr sahen sie sich gerne als den Superman der schwarzen Null. Bei der Haushaltsdebatte im vergangen Jahr sagte ich Ihnen, dass die schwarze Null nur eine Momentaufnahme, der Vorwahltrailer, sei und der wahre Film aber die Steigerung der Schuld der DG ist. Wir sind bei über 400 Mio Euro Schulden angelangt, die mit Liquiditätsscheinen und Kassenkrediten gemacht wurden und mit neuen Liquiditätsscheinen und neuen Kassenkrediten abbezahlt werden. Die Schuld wird nicht gesenkt, sie wird vor sich her getragen. Ich sagte voriges Jahr, die DG lebe hier von der Hand in den Mund. Oder wie der Rechnungshof es dieses Jahr feststellt: zwischen 2021 und 2024 werden über 185 Mio Euro an Darlehen fällig, deren Rückzahlung durch neue Kredite oder Inanspruchnahme der Kreditlinie finanziert werden müssen. Die vielzitierte schwarze Null bleibt eine Momentaufnahme, denn die Schulden der DG sinken nicht, im Gegenteil…
Dabei kann man noch nicht einmal davon sprechen, dass eine große Krise die Einnahmen der DG dramatisch hätte sinken lassen. In Wirklichkeit hat man sich bei den geplanten Ausgaben blamabel verschätzt und übernommen, und versteckt jetzt Einsparungen. Ein Großteil der Finanzenge ist also hausgemacht.
Allein beim Kindergeld hat man sich für diese Legislaturperiode um 15 Millionen Euro Mehrausgaben verrechnet, also zusätzlich zu den bereits beabsichtigten Mehrausgaben.
Ende 2018 tönte der MP noch mit (Zitat) „Sicherheitsmargen in Millionenhöhe“ (S. 24 HHDebatte 2018) und „es werde keine Vollbremsung geben“. Und an meine Adresse meinte er noch vor den Wahlen, Ich halte mich wohl für einen Wahrsager und habe eine Kristallkugel“ … und der Herr Velz klopfte sich vergnügt auf die Schenkel. Nun, Herr Ministerpräsident, die Vollbremsung ist da.
Superman hat eine Bauchlandung gemacht und der Wahrsager hatte wohl eher Recht. Man hat sich ein Wahlergebnis im Mai mit Maßnahmen erstritten, die man sich im September schon nicht mehr leisten konnte. Von den kurz vor den Wahlen gross angekündigten 50 Millionen neuer Margen für Infrastrukturzusagen sind binnen weniger Monate nur noch knapp 34 übrig geblieben. Das gleiche passierte den Ausstattungen, von 10,7 auf 6,8 Millionen runter, wohlgemerkt für die ganze Legislatur also die kommenden fünf Jahre bis 2024.
So werden die Gemeinden ihre Straßenbaudotation auf den Stand von 2019 eingefroren bekommen. Noch im März, und auch noch im September/Oktober, als die Gemeinden ihre eigenen Haushalte aufstellten, sind sie von den dekretal festgelegten Zahlen ausgegangen. Jetzt wird es 3,2 Millionen Euro weniger geben als geplant. Dies ist kein Geld, um zusätzliche Straßen zu bauen, hier wird in den Unterhalt investiert und der DG-Zuschuss bei den Wegen ermöglicht es den Gemeinden, noch den einen oder anderen Euro für Investitionen in anderen Bereiche übrig zu haben.
Aber eigentlich bleibt sich die DG bei den Gemeinden aus der Tasche: Sie erhält von der Wallonischen Region 28,3 Mio für die Befugnis lokale Behörden, gibt aber über den Gemeindefonds und die eingefrorene Straßenbaudotation nur 25,2 Millionen aus. Jetzt werden Sie sicher sagen: ja aber, dann sind ja noch die Infrastrukturzuschüsse an die Gemeinden über den Infrastrukturplan… Wissen Sie, wieviel Geld die DG in 2020 für Infrastrukturvorhaben und Ausstattungen für alle 9 Gemeinden zusammen vorsieht? 175.000 € … Und da auch die Kirchenfabriken dieses Jahr so gut wie gar nichts erhalten, werden diese bei Bedarf wohl … richtig … bei den Gemeinden anklopfen.
Tja meine Damen und Herren, wenn es eng wird, weiss die DG, wo sie sich aus der Tasche bleibt. Wie sagte schon Otto von Bismarck: „„Wer den Daumen auf dem Beutel hat, der hat die Macht“.
Die Ausgabeermächtigungen und die Rückzahlungen im Infrastrukturbereich wurden eingedampft, um über 33 Millionen. Kurioserweise alleine bei den PPP-Rückzahlungen für über 12 Millionen an Kapital und Zinsen. Hier will die DG also bestehende Verpflichtungen nach hinten schieben. Wird da der Private Partner mitspielen? Hat die DG um Zahlungsaufschub bei den Banken gefragt? Eins steht fest: dieser Aufschub der Schuldzahlung ist bis auf weiteres ein Wunsch der Regierung. Der Tilgungsplan sah bisher in 2021 und 2022 Rückzahlungen von je 7,3 Millionen Euro vor. Die will man jetzt bis auf 400Tausend Euro nach hinten verschieben. Zum jetzigen Zeitpunkt ist also alleine schon deshalb für 2021 und 2022 die „Schwarze Null“ mehr als nur virtuell. Sie besteht nur noch auf dem geduldigen Papier der Regierungssimulationen.
2018 musste ich also sagen, dass die DG-Regierung Ihre Schulden vor sich her schiebt. Dieses Jahr kann man sagen, dass sie diese sogar weiter von sich weg schiebt.
Aber nicht nur in den Infrastrukturausgaben ist man auf die Bremse gegangen. Auch in den laufenden Ausgaben ist man in die Eisen gestiegen. Die Einführung der Herabsetzung des Kindergartenalters auf 2 ½ Jahre wird auf September 2024 verschoben, also glatt auf die nächste Legislaturperiode. Damit spart man knapp 5 Mio Euro an zusätzlichen Personalausgaben bis 2024 und auch wohl einige Gelder für Anpassungen der Schulinfrastrukturen. Hier kann mir Niemand erzählen, dass man vier Jahre für eine Überarbeitung der Sache mit den Akteuren braucht. Hier wird aus Spargründen um vier Jahre auf die nächste Regierung und den nächsten Unterrichtsminister verschoben.
Aber das durch die Ankündigung verursachte Chaos in der Kleinkindbetreuung kriegt man nicht in den Griff… 2020 sind wir auch Zeuge einer Vollbremsung in Sachen Raumordnung, Wohnungswesen und Energiesparmaßnahmen. In diesem Falle ist dies weniger dem finanzpolitischen Willen der Regierung geschuldet, als der Tatsache, dass man die Übernahme und den Übergang nicht geordnet hin bekommen hat.
Die Übernahme dieser drei Zuständigkeiten führt dazu, dass in 2020 erst mal so gut wie gar nichts passiert. Die DG erhält für diese drei Zuständigkeiten insgesamt 6,8 Mio €. Angesichts der Herausforderungen eine ungenügende Summe.
Trotzdem schafft man es noch, und das wird ja wohl kein Zufall sein, für 2020 diese 6,8 Mio nur teilweise zu nutzen. Angesichts der Bedürfnisse auf dem Wohnungsmarkt, der Energierechnungen der Bürger und der Planungs- und Umsetzungskosten der Gemeinden in der Raumplanung ist das eine Schande.
Man spekuliert drauf, die jetzt schon strukturell unzureichenden Mittel für Raumordnung, Wohnungswesen und Energie zum größten Teil nicht aus zu geben … jedenfalls nicht in diesem Bereich. In 2020 stehen da nur knapp 2,1 Mio in den Ausgaben. Selbst wenn man noch die im Posten Ministerium verschwundenen Personalausgaben hinzu zählt, bleibt man locker unter 3 Mio €. Wohlbemerkt bei einer Dotation von 6,8 Mio von der WR für diese neuen Zuständigkeiten.
Auf die Bremse geht man auch bei den Gemeinschaftszentren, den DGG’s, wie Worriken, Ternell oder das Kloster Heidberg. Zur Zeit schiesst die DG dort jährlich ein Million Euro zu.
Ab 2022 soll hier kein einziger Cent aus dem Haushalt der DG fließen.
Ein großes Loch reisst hier jahrein, jahraus das Kloster Heidberg, das aus den katastrophalen Belegungszahlen nicht raus kommt. Ich weiss nicht, wie man da ab 2022 ausgeglichen wirtschaften soll. Ein „weiter so“ kommt da auf jeden Fall nicht in Frage.
In dieser Million der DG ist aber auch eine Kapitaldotation für Investitionen enthalten. Und hier besteht in Worriken dringender Bedarf. Das ist keine Komfortfrage, das ist sogar fast eine Klimafrage. Wenn aufgrund von veralteten Anlagen, essentiell aufgrund des Schwimmbades, jedes Jahr 350.000 Liter Heizöl durch den Schornstein gehen, dann müsste hier schon längst etwas geschehen sein. Hier den nötigen Energieeinsatz radikal zu senken, das müsste bei einem DG-Klimaplan ganz oben auf der Liste stehen.
Oh ja, … der Klimaplan der DG …. Er wurde zum Diva-Plan des Ministerpräsidenten: viel heiße Luft und fast keine Mittel für konkrete Projekte. Der größte Posten sind dabei die 500.000 € für Energieprämien die man sowieso von der Wallonischen Region erhält um die Zuschussanträge von Privatleuten zu bezahlen.
Und so wie die Werbung dafür angelaufen ist, nämlich gar nicht, spekuliert man drauf, dass man von diesem Geld am Ende des Jahres noch einen guten Teil für andere Dinge verwenden kann. Sollte dies der Fall sein, plädiere ich dafür, dass man den Gemeinden diese und andere Gelder zur Verfügung stellt, um Projekte im Energiebereich um zusetzen. Viele Gemeinden haben Energiespar-Projekte in der Schublade, die nur auf Mittel warten. Schliesslich ist der Klimaplan der DG eigentlich der Klimaplan der Gemeinden, den die DG nur PR-mässig gekapert hat.
Statt darin substanziell konkrete Projekte zu unterstützen, schreibt die DG sich zwei Klimaberater in den selbstgebastelten Plan, obwohl die Gemeinden selber nur einen Einzigen benötigen. Das restliche Geld wäre in konkreten Projekten gut aufgehoben gewesen. Aber vielleicht will man ja die Arbeitszeit des zweiten Klimaberaters für andere Aufgaben abzweigen.
Die ECOLO-Fraktion macht daher folgenden Vorschlag: so wie es eine Wegedotation gibt, soll es eine Dotation oder gar einen Fonds geben, der es den Gemeinden ermöglicht, gezielt energiesparende Gemeindeprojekte ein zu reichen. Nur ein solcher Fonds oder eine solche Dotation, ausreichend bestückt, stellt sicher dass:
1. Die DG auch tatsächlich und transparenter Mittel zur Verfügung stellt, die dem Klimaschutz dienen werden
2. Die Gemeinden die Ziele ihrer Klimapläne bzw. ihres Klimaplans überhaupt erreichen können.
Aber auch dies wird nicht reichen.
Daher wird die ECOLO-Fraktion in den nächsten Tagen zur Beratung und Umsetzung diesem Parlament vorschlagen, auch in der DG den Klimanotstand aus zu rufen. Dies ist einerseits symbolisch, denn es geht natürlich nicht darum, Recht und Ordnung mit Notstandsgesetzen zu umgehen.
Andererseits zielt eine solche Resolution auch darauf ab, sich zu konkreten Zielen und Projekten zu verpflichten und diesen auch Priorität ein zu räumen.
Hinzu kommt, dass solche Investitionen oft auch Margen für andere Projekte eröffnen. Ich erinnere an die von mir beschriebene Situation in Worriken… Je nach Projekt bedankt sich dann auch der Geldbeutel der Gemeinde, des Bürgers und auch der Gemeinschaft.
Dies setzt jedoch voraus, dass man sich effizient aufstellt. Gerade in so klimarelevanten Bereichen wie dem Wohnungswesen und seinem Energieverbrauch und auch der Raumordnung vermisse ich das.
In der Rumpfkoalition hat man es hier tatsächlich geschafft, eine effiziente Ausübung von zwei der drei neuen Zuständigkeiten je auf zwei Minister zu verteilen: die Raumordnung und der Landschafts- und Denkmalschutz teilen sich Ministerin Weykmans und Minister Antoniadis. Und mit dem Klimaplan hat der MP dafür gesorgt, dass er auch im Energiebereich von AA einen Fuss in der Tür hat.
Werte Regierung, so ist man in drei Wochen weder startklar für die neuen Zuständigkeiten, noch effizient. Stichwort Effizienz:
Der Ministerpräsident hatte schon in der Regierungserklärung eine Überprüfung der Organisations- und Arbeitsweisen im Ministerium und in den Diensten mit getrennter Geschäftsführung angekündigt. Ich sehe davon noch keine Spur im Haushalt. Dies ist der ECOLO-Fraktion wichtig. Es ist an der Zeit nochmal alles auf den Prüfstand zu stellen – dies ist sowohl im Interesse der Bürger, Organisationen und Vereine, als auch im Interesse der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Darüber hinaus sollte sich die Regierung im engeren Sinne jedoch auch am eigenen Schopf fassen, was ihr partnerschaftliches Verhalten im Umgang mit den Gemeinden und Organisationen angeht.
Dies wird sie auch brauchen, wenn sie die nun kaum vorhandenen finanziellen Margen etwas gerechter und transparenter verteilen will.
Reichen wird dies aber nicht. Denn so ganz scheint der Ministerpräsident doch nicht der Münchhausen der ostbelgischen Politik zu sein. Sonst könnte er sich als Finanzminister doch am eigenen Schopf aus dem Schuldensumpf ziehen.
Dementsprechend, und hier komme ich zu meinem Ausblick und zum Ende meiner Intervention, hat er schon die Opposition im Parlament um Mitarbeit gebeten, alternative Finanzierungen und kreativen Lösungen mit zu erarbeiten, um ab 2021 die strengen SEC-Normen umgehen zu können.
Herr Ministerpräsident, wir können uns darauf einigen, wenn:
• Man dann den komplett sinnlos werdenden Begriff der schwarzen Null einmottet
• Klar ist, wer mit rund 350 Mitarbeitern in Regierung und Ministerium im Vergleich zu einem Teilzeitparlament wohl die Vorlage liefern muss
• Diese Kunstgriffe trotzdem nicht zum Würgegriff für die DG-Finanzen werden
• Die Gemeinden ab 2021 tatsächlich mit in den DG-Perimeter der SEC-Normen fallen, die Investitionsprioritäten der Gemeinden berücksichtigt werden
• Klimadienliche Investitionen der Gemeinschaft, der Gemeinden und der Bürger dadurch einen zentralen Platz einnehmen
• Diese Regierung nicht schon jetzt im stillen Kämmerlein die neuen Margen verplant, die sich tatsächlich ab 2024 auftun. So etwas wie in 2019 darf nicht nochmal passieren.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
lassen sie es mich zusammenfassen: dieser Nachwahlhaushalt ist eine Vollbremsung. Die Regierung ist zum großen Teil über die Auswirkungen Ihrer eigenen Maßnahmen und Ankündigungen gestolpert.
Da wo es noch ging, hat man sie zurück genommen. Darüber hinaus hat man bei anderen gespart. Ab 2021 möchte man die Schuldenrückzahlungen für die PPP-Projekte nach hinten verschieben. Findet man keine Einigung mit den Partnern dazu, darf man sich alleine wegen diesem Posten schon auf die Suche nach jeweils 7 Millionen Euro in 2021 und 2022 machen.
Berge an Informationen und Papier und Dateien zur Haushaltsplanung der DG sollen Seriosität vermitteln. Die Vorgehensweise der Regierung wir diesem Anspruch jedoch nicht gerecht.
Die ECOLO-Fraktion wird diesem Haushalt nicht zustimmen können.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.