Pressemitteilung: Nach langem Warten konnten sich die Lehrpersonen der DG darüber freuen, dass der zuständige Minister Harald Mollers seinen Leitfaden zur politischen Bildung im Unterrichtswesen veröffentlicht hat. Endlich gibt es ein offizielles Konzept, das eine fächerübergreifende Herangehensweise vorsieht.
Diese Klarheit sollte aber nur kurz anhalten. Frau Weykmans, Ministerin für Kultur und Sport, Beschäftigung und Medien hat zwar vor zwei Wochen den Leitfaden Politische Bildung als Regierungsmitglied mit veröffentlicht, möchte aber nun ihre ganz persönliche Meinung kundtun. Die Bürgerkunde soll jetzt dank der Streichung des Religionsunterrichts doch ein eigenes Fach werden.
Hier stellt sich die Frage: Mit welchem Zweck das Ganze? Reine Effekthascherei seitens der PFF? Zumindest scheint in der Regierung nichts abgesprochen. Aber noch viel schlimmer ist: Denkt jemand an die Auswirkungen auf unsere Lehrpersonen?
Aufwertung und Wertschätzung des Lehrerberufs sieht in unseren Augen jedenfalls anders aus.
Das Thema Religionsunterricht soll kontrovers diskutiert werden, das ist auch wichtig. Doch weiß Frau Weykmans sehr genau, was die Wenigsten wissen: Wir als DG können die Änderung, die sie in Bezug auf den Religionsunterricht vorschlägt, gar nicht herbeiführen. Durch ihren Beitrag täuscht die Ministerin Möglichkeiten vor, die wir nicht haben. Wenn, dann muss diese Diskussion auf föderaler Ebene geführt werden.
Und die ganze Ironie dahinter!? Politische Bildung und Bürgerkunde soll Politikverdrossenheit abbauen. Doch derartiges Handeln unserer politisch Verantwortlichen bewirkt das Gegenteil. Das ist Negativbeispiel mit Punktlandung.
Zusätzlich brachte Andreas Jerusalem das Thema im Parlament in der Fragestunde an Unterrichtsminister Mollers zur Sprache:
„Das Thema Religionsunterricht soll kontrovers diskutiert werden, das ist auch wichtig.“
Na, dann traut euch mal.
Auch wenn es Verfassungshürden gibt, ist dies kein Grund, eine Diskussion, die das Gemeinschaftsunterrichtswesen, dessen Organisation und die Menschen (Eltern, Schüler, Lehrer, Schulleiter) direkt betrifft, auf die föderale Ebene verlagern zu wollen.
Stichwort: Subsidiarität.
Da die Politik auf föderaler Ebene seit Jahren nur mit sicht selbst beschäftigt ist, ist in absehbarer Zeit von dort keine Initiative zu erwarten, die eine notwendige Modernisierung des Staates und der Verfassung zur Folge hat.
Die Verfassung und seine anachronistischen Vorgaben zum Religionsunterricht bzw. zum konfessionellen Unterrichtswesen bedarf 60 Jahre (!) nach dem Schulpakt einer Reform, die gesellschaftlichen Realitäten und Erfordernissen und dem laizistischen Geist dieser Verfassung gerecht wird.
Stichwort: La Belgique, un état laïque… ou presque. (J.L. Schreiber)
Dass dies bei einer wertkonservativen Partei, in der es eine starke religiös-konfessionelle Lobby gibt keine einfache Diskussion wird, kann man sich vorstellen.
Stichwort: Religion ist von „zentraler Bedeutung“. (U. Deller)
Sich davor und vor einer klaren Positionierung zu drücken ist jedoch mindestens so verwerflich, wie Standpunkte zu veröffentlichen, die sich allein an opportunistischen und machstrategischen Überlegungen orientieren.
Gruß
Dieter L.
Um es zu verdeutlichen, hier eine konkrete Frage, die ich in den vergangenen Jahren mehrfach öffentlich gestellt habe und die ich – angesichts offensichtlicher Missstände im Islamunterricht in der DG – auch persönlich mit dem Unterrichtsminister der DG erörtert habe. (mit höchst interessanten Einblicken)
Wie ist die Position von ECOLO zu dem Vorschlag, den nach Konfessionen getrennten Bekenntnis-Religionsunterricht an Gemeinschaftsschulen (ungeachtet der Verfassungshürden) durch durch einen konfessionsübergreifenden gemeinsamen ReligionsKUNDE-, Ethik- und Philisophieunterricht zu ersetzen?
Dieser Unterricht sollte nicht weiter in der Verantwortung der Kultusträger liegen, sondern von der Gemeinschaft organisiert werden.
Ist ECOLO bereit, Initiativen zu ergreifen, um die Verfassungshürden dazu, abzubauen?
Würde es der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates nicht viel eher gerecht, einen Bekenntnis-Unterricht durch einen ReligionsKUNDEunterricht zu ersetzen, der ALLE Schüler vereint und sie befähigt, miteinander über Glaubens- und andere weltanschauliche Fragen auszutauschen?
Danke für eine offene, nicht utilitaristische Antwort auf diese Frage!