In den letzten Wochen wurde wieder vermehrt über den Fachkräfte-, bzw. Arbeitskräftemangel auf lokaler und nationaler Ebene diskutiert. Viele stellen sich berechtigterweise die Frage, ob und wie wir am effektivsten damit umgehen. Die Anwerbung ausländischer Fachkräfte ist einer der Wege, die angedacht sind, um insgesamt die Anzahl der verfügbaren und ausgebildeten Arbeitskräfte zu erhöhen. Oft geht es dabei um Prozedurfragen (Aufenthaltsrecht, Arbeitsrecht, Diplomanerkennung) und die Attraktivität Belgiens als Arbeits- und Lebensstandort. Das finde ich zu kurz gegriffen.
Ich bekomme bei solchen Diskussionen immer den Eindruck, man rede von Robotern, die von 8.00 bis 18.00 Uhr funktionieren und dann abgeschaltet in einer Ecke stehen. Es handelt sich aber um Menschen. Menschen mit ihrer eigenen Kultur, Traditionen, mit ihren individuellen Wurzeln. Man kann die Frage nach ausländischen Fachkräften nicht entkoppeln von der Diskussion rund um Migration und Integration. Ausländische Fachkräfte sollen nicht nur willkommen geheißen werden, sondern müssen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, um sich in die belgische Gesellschaft zu integrieren, über Zugang zu Bildung, zu Sprachkursen und über die Teilhabe am kulturellen und sportlichen Leben unserer Region.
Wenn eine internationale Arbeitsmigration Teil der Lösung sein soll, und das ist sie für uns Grüne auch, dann müssen wir gleichzeitig sinnvolle Arbeits- und Integrationsperspektiven schaffen für die Zugezogenen, die schon hier sind. Es wäre schlicht unmenschlich, nur diejenigen Menschen willkommen zu heißen, die ein bestimmtes Berufsprofil haben, das uns “in den Kram passt”. Außerdem gibt es zahlreiche Menschen, die bereits unter uns leben und die mit viel Tatendrang, trotz aller Barrieren und auch dank der Unterstützung hiesiger Bürger und Betriebe erfolgreich den Weg in die Arbeitswelt geschafft haben, nur um dann am Ende einer langjährigen Prozedur aufgefordert zu werden, das Land zu verlassen (nicht zuletzt Richtung Italien oder Griechenland – basierend auf einer längst reformbedürftigen Dublin-Regelung im Asylrecht). Das passt nicht zusammen. Migration und Integration sind komplexe Materien. Und gerade deshalb müssen wir jede Maßnahme, die wir ergreifen, um dem Fach- und Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken, in ihrem Gesamtkontext betrachten.
Nur durch eine umfassende Betrachtung von Migration und Integration können wir eine inklusive Gesellschaft schaffen, die von der Vielfalt ihrer Mitglieder profitiert und in der jeder sein volles Potenzial entfalten kann.
Fabienne Colling
Co-Präsidentin Ecolo Ostbelgien
Spitzenkandidatin PDG-Wahlen 2024
Spitzenkandidatin PDG-Wahlen 2024