Am 23. April 2024 stimmte die Interministerielle Konferenz für Frauenrechte für ein “Neustart-Paket” für Frauen, die Opfer innerfamiliärer Gewalt sind.
Diese Frauen befinden sich häufig in einer aussichtslosen Situation. Sie sind nicht nur Opfer physischer, moralischer oder psychologischer Gewalt, sondern in manchen Fällen auch Opfer sozialer und finanzieller Ausgrenzung, die sie in die völlige Abhängigkeit von ihrem Partner bringt. Die IMK für Frauenrechte hat sich verpflichtet, die Hindernisse so weit wie möglich abzubauen und somit die Trennung vom gewalttätigen Partner zu erleichtern. Das „Neuanfangspaket“ sieht eine finanzielle Soforthilfe vor, um dem Opfer zu helfen, die ersten Ausgaben zu decken, die es zu bewältigen hat: Mietkaution, erste Mieten, Anwaltskosten,…
Aus diesem Grund möchte die Ecolo-Fraktion im PDG auf ihren Resolutionsvorschlag zur Abschaffung des “Zusammenlebenden”-Statuts hinweisen. Diese Initiative zielt darauf ab, die individuellen sozialen Rechte unabhängig von der Zusammensetzung des Haushalts zu wahren und diese Abschaffung als wirkungsvolles Instrument zur Bekämpfung von Armut zu etablieren, von der vor allem Frauen und Patchwork-Familien betroffen sind.
Was heißt das konkret? Eine Frau beispielsweise, die seit zwei Jahren arbeitsunfähig ist und 800 Euro Ersatzeinkommen im Monat bekommt, hat kein Recht auf eine Unterstützung, um ihre Energierechnung zu bezahlen, wenn sie mit ihrem Sohn unter einem Dach lebt, wenn dieser genug Geld verdient. Warum? Weil ihre Einkommen zusammengerechnet werden, weil das unter dem Statut “Zusammenwohnend” so gehandhabt wird. Und das schafft vor allem für Frauen Abhängigkeiten. Ein weiteres Beispiel wäre eine Hausfrau, die Opfer häuslicher Gewalt ist. Sie kann keine Sozialhilfe beziehen, da ihr Partner genug verdient. Daher kann sie keine Rücklagen bilden, um aus dieser Situation auszubrechen und ihr Überleben ohne den gewalttätigen Ehepartner zu finanzieren.
Der Resolutionsvorschlag fordert auf Seiten der Föderalregierung eine Neubewertung der sozialen Sicherheit, die derzeit durch das Statut „Zusammenwohnend“ beeinträchtigt wird. Es war nämlich nicht immer so. Das Statut ist aufgrund von Wirtschaftskrisen auf immer mehr soziale Rechte ausgeweitet worden, sodass aus Krisenzeiten die Schwächsten meist als die größten Verlierer hervorgehen. Dieses Statut führt in vielen Fällen zu einer ungerechten Verteilung von Sozialleistungen, da es Menschen, die unter einem Dach leben, gegenüber Singlehaushalten finanziell benachteiligt.
Wir brauchen mehr füreinander als gegeneinander.
„Wir stehen vor einer grundlegenden Reform mit dem Ziel, soziale Gerechtigkeit und Chancengerechtigkeit in Belgien zu stärken“, erklärt Inga Voss. „Mit diesem Resolutionsvorschlag setzen wir ein klares Zeichen gegen Armut und soziale Diskriminierung auf dem Weg zu einer Gesellschaft, in der jeder Mensch die Unterstützung erhält, die er benötigt.“
Wir, Ecolo, sind zutiefst besorgt, weil andere Parteien die Dringlichkeit dieser Diskussion im Parlament nicht erkennen und die Diskussion um soziale Gerechtigkeit und Armutsbekämpfung nicht weiterführen möchten, sondern sie in die nächste Legislatur verschoben haben. Es ist unverständlich und sogar verantwortungslos, dass die Mehrheit sich mit dieser bedeutenden Thematik nicht mehr befasst – aus Unsicherheit oder Koalitionszwängen. Es stand eine fertige Resolution mit klaren Forderungen im Raum, mitsamt einer Analyse des Studiendiensts. Hier hat schlicht der Wille gefehlt!
Die Abschaffung des Statuts „Zusammenwohnend“ würde nicht nur die finanzielle Diskriminierung aufgrund des Zusammenlebens beenden, sondern auch das Recht auf Privatsphäre stärken. Ebenso würde es eine gerechtere und effizientere Verteilung der Ressourcen ermöglichen, was letztlich allen Bürgern zu Gute käme.
Unsere Unterstützung für diesen Vorschlag spiegelt unser langjähriges Engagement für soziale Gerechtigkeit und Selbstbestimmung wider. Es wäre an der Zeit gewesen, dass alle politischen Kräfte im Parlament dieser notwendigen Änderung zustimmen und einen positiven Schritt zur Modernisierung unseres Sozialsystems machen.
Gegen etwas zu stimmen, ist eine Sache und in der Natur der Demokratie – aber taktische Spielchen, um etwas so lange hinauszuzögern, um sich sich dazu nicht äußern zu müssen (vermutlich weil man in der Mehrheit keinen Konsens findet), ist nicht unsere Vorstellung von Demokratie. Leider hat die Mehrheit im Parlament nicht über die Resolution der Oppositionsfraktion abstimmen wollen und somit auch nicht offiziell Stellung bezogen. Das ist eine vertane Chance, ein klares Signal an die Föderalregierung zu schicken, Solidarität mit den Forderungen vieler Sozialorganisationen zu bekennen und Ostbelgien als eine Gemeinschaft der Solidarität, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung zu etablieren! Die Grünen führen den Kampf jedenfalls konsequent weiter auf allen Ebenen!
Inga Voss
Ecolo-Fraktion im PDG