Frage von Andreas Jerusalem an Ministerin Klinkenberg zu Corona und Schule – Quo vadis?
Nach einem recht guten Start ins Schuljahr, kamen mit den steigenden und schließlich sogar explodierenden Corona-Infektionszahlen zunehmend Fragen auf. Fragen, die zu lange unbeantwortet blieben.
- Ich möchte deshalb Klarheit einfordern.
- Klarheit der Vorgaben.
- Klarheit der Umsetzung dieser Vorgaben.
- Klarheit über den Prozess der Entscheidungsfindung.
- Klarheit über den zu erwartenden, weiteren Verlauf des Schuljahres.
Im Zusammenspiel unterschiedlicher Zielsetzungen, Vorgaben und Erwartungen ist Mitte Oktober einiges ins Stocken geraten. Das hat für Unmut gesorgt und nicht nur ich wünsche mir, dass sich dies nicht wiederholt.
Damit das gelingt, sollten Vorgaben transparent und verständlich sein, sie müssen dafür ggf. nachgeschärft werden, aber sie sollten Gültigkeit erhalten. Das ist ein Aspekt, der in in diesem Zeitraum komplett unter die Räder gekommen ist. Überspitzt gesagt: Das im FAQ beschriebene Farbmodell wurde nicht oder kaum angewendet.
Dieses besagt, dass bei 100 Infizierten / 100000 Einwohner die Stufe Rot ausgerufen wird. Diese war vor Beginn des Schuljahres, also sechs Wochen vor der beschrieben Phase ja sogar noch einmal geprüft und bestätigt worden. Dennoch passierte nur sehr wenig. Aufgrund diagnostizierter Covid-19-Infektionen wurden einzelne Klasse geschlossen. Auch zwei Schulstandorte, Weywertz und Manderfeld, mussten zeitweilig schließen. Doch den Ausschlag dafür gaben meiner Beobachtung nach Infektionen und Fälle von Quarantäne vor Ort. Es war ein bisschen so, als sei die Inzidenz heimlich still und leise außer Kraft gesetzt worden.
Ich möchte hier nicht falsch verstanden werden: Ein vernünftiger Umgang mit dieser Inzidenz macht Sinn, und auch dieser ist ja vorgesehen. Demnach entscheidet das Outbreak-Support-Team des Ministeriums, ggf. in Absprache mit dem Bürgermeister oder der Bürgermeisterin, mit Kaleido und mit den repräsentativen Vertretern der betroffenen Schule über einen Wechsel des Farb-Codes für einzelne Einrichtungen. Als Grundlage dienen die Daten der Risk-Assessment-Group und der Tracing-Zentrale. Dem formulierten Beschlussvorschlag kann die Bildungsministerin zustimmen oder ihn ablehnen.
Einen Wechsel der Pandemie-Stufe für die gesamte Gemeinschaft trifft demnach die Bildungsministerin in Absprache mit den Gesundheitsfachleuten von CelEval.
Aus diesem Grund habe ich folgende Fragen an Sie, Frau Ministerin:
- Wie oft hat das Outbreak-Support-Team seit Beginn des Schuljahres in Absprache mit den relevanten Akteuren über einen Wechsel der Pandemie-Stufe an Schulen beraten?
- Zu welchen Entscheidungen führten diese Beratungen?
- Wie wird in Zukunft mit den aktuell im FAQ enthaltenen Vorgaben umgegangen?
Antwort der Ministerin:
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wie in der Fragestellung richtig erläutert, gilt es zwischen einem lokalen und einem allgemeinen Pandemiestufenwechsel zu unterscheiden. Ein Code-Wechsel für eine Gemeinschaft entscheiden die jeweiligen Bildungsminister nach Rücksprache mit den Gesundheitsexperten.
Nur wenn lokal begrenzt ein Pandemiestufenwechsel in Erwägung gezogen wird, ist vorgesehen, dass eine Versammlung aller betroffenen Akteure durch das Outbreak- Support-Team einberufen wird. Im laufenden Schuljahr hat es bislang noch keine lokale Schulschließung aus sanitären Gründen gegeben. Wenn vereinzelte Schulstandorte vorübergehend geschlossen wurden, dann geschah dies aus unterrichtsorganisatorischen Gründen. Bislang war ein lokaler Codewechsel daher nicht erforderlich. Wie mit der Veröffentlichung des Code-Systems für das Bildungswesen kommuniziert wurde, sind für den Pandemiestufenwechsel übrigens nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Kriterien ausschlaggebend. Das Infektionsgeschehen wird also nicht nur anhand von reinen Infektionszahlen beurteilt, sondern es wird geprüft, wo und wie sich das Virus verbreitet.
Der Wechsel in die rote Pandemiestufe ist zugegebenermaßen spät erfolgt. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Gemeinschaften aufgefordert wurden, ihre sektoriellen Protokolle an das Barometer des Föderalstaats anzupassen. Dieses Barometer hat jedoch lange auf sich warten lassen. In der Woche, in der das föderale Barometer veröffentlicht wurde, haben die drei belgischen Bildungsminister das Ampelsystem unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Experten umgehend angepasst.
Ich weise darauf hin, dass wir nicht den Wechsel in die rote Pandemiestufe abgewartet haben, um entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. So wurden aufgrund der steigenden Infektionszahlen bereits in der gelben Phase die außerschulischen Aktivitäten und der Zugang Dritter in den Sekundarschulen sowie Schulreisen untersagt. In den Schulen, wo aufgrund des allgemeinen Infektionsgeschehens in der Bevölkerung die Quarantänefalle in den Schulen zunahmen und die Unterrichtsorganisation erheblich erschwert wurde, wurde auch vor dem Code-Wechsel die Möglichkeit genutzt, bei Bedarf nach Rücksprache mit dem Kabinett und dem Schulträger in den Fernunterricht zu wechseln.
Die Maßnahmen wurden mehrfach angepasst. Diese Anpassungen bringen teilweise Unannehmlichkeiten mit sich und sind vielleicht nicht immer für jeden nachvollziehbar. Das bedauere ich. Doch es ist in meinen Augen keine Option, die Unterrichtsorganisation nicht an das jeweils aktuelle Infektionsgeschehen anzupassen, um den Schutz der Personalmitglieder, Schüler und der gesamten Bevölkerung zu gewährleisten. Ich erinnere daran, dass das Bildungswesen der erste Bereich war, für den frühzeitig ein Ampelsystem entwickelt wurde, um den Akteuren Planungssicherheit zu geben. Die Maßnahmen, die im Unterrichtswesen ergriffen werden müssen oder auch nicht, hängen jedoch unmittelbar mit den Entscheidungen in anderen Sektoren zusammen: Wenn in anderen Bereichen vergleichsweise wenig Maßnahmen zur Eindämmung des Virus ergriffen werden, hat das unweigerlich Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen in der Gesellschaft und somit auch auf die Infektions- und Quarantänezahlen in den Schulen. So haben die Experten in ihrem Gutachten bedauert, dass es gedauert hat, bis die Aktivitäten der Jugendlichen im außerschulischen Umfeld ähnlich strengen Regeln unterlagen wie in den Schulen.
Die einzelnen Maßnahmen müssen also aufeinander abgestimmt werden. Aus den Einschränkungen an einer Stelle ergibt sich ein Handlungsspielraum in anderen Bereichen. Es ist somit immer auch eine Frage der Priorisierung. Die Politik und die Gesundheitsexperten waren sich aufgrund der Erkenntnisse aus dem letzten Schuljahr einig, dass der Vollzeitpräsenzunterricht zum Wohl der Kinder und Jugendlichen Priorität haben muss, sofern die sanitäre Situation es erlaubt. Allerdings kann die rasche Entwicklung des Infektionsgeschehens erfordern, dass auch Bereiche, denen grundsätzlich Priorität eingeräumt wird, weitreichende Maßnahmen ergreifen müssen, um einen Beitrag zur Kontrolle des Infektionsgeschehens zu leisten.
Es war und bleibt weiterhin notwendig, flexibel auf die Situation zu reagieren, denn Planungssicherheit gewährt uns das Virus nicht.
Ich kann künftige Anpassungen daher nicht ausschließen. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass diese auch in Zukunft in enger Absprache mit den beiden anderen Bildungsministern und im regelmäßigen Austausch mit den ostbelgischen Bildungsakteuren erfolgen werden.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frage von Andreas Jerusalem an Ministerin Klinkenberg zu Infektionsgeschehen und -ausbreitung bei Kindern
Zunächst möchte ich an dieses weitere Schuljahr ein übergeordnetes Ziel definieren, in dem sich wohl alle Fraktionen in diesem Hause und auch die allermeisten Menschen einig sind: Solange es vernünftig und vertretbar ist, müssen unsere Schulen geöffnet sein.
Für unsere Kinder.
Für das Funktionieren der Arbeitswelt.
Für Chancengerechtigkeit
Weil sie eine Investition in unsere Zukunft sind, sogar eine ihrer wichtigsten Grundlagen.
Die Arbeit in unseren Schulen lässt sich nicht adäquat ersetzen.
Dennoch muss für eine möglichst hohe Sicherheit im schulischen Umfeld gesorgt werden. Dafür wären gefestigte Erkenntnisse so wichtig – leider gibt es davon aber im Zusammenhang mit Covid-19 noch zu wenige.
Das gilt vor allem für die Rolle von Kindern bei der Ausbreitung des Corona-Virus. Diese wird in der Wissenschaft nach wie vor widersprüchlich diskutiert.
So gibt es mittlerweile Erkenntnisse, die nahelegen, dass Kinder das Virus sehr wohl weitergeben. Laut einer Studie der Princeton University über Infektionsketten in Indie übertragen Kinder Covid-19 vor allem an Gleichaltrige, und zwar an eins von vier (zwischen 1 und 4 Jahren) bzw. an eins von 5 Kindern (zwischen 5 und 17 Jahren), mit denen sie engen Kontakt hatten.
Dass die Viruslast im Rachen von Kindern mit der von Erwachsenen vergleichbar ist, ist schon länger bekannt.
Eine Studie des Helmholtz-Zentrums München hat außerdem anhand einer
Antikörperstudie nachgewiesen, dass im Zeitraum von April bis Juli gut 6 Mal mehr Kinder und Jugendliche im Bundesland Bayern mit Covid-19 infiziert waren, als offizielle Testungen dies belegten.
Im Ministeriellen Rundschreiben zu Corona steht auf Seite 22 Folgendes zu dem Thema: Kinder können mit SARS-CoV-2 infiziert sein, aber meistens werden sie nicht ernsthaft krank oder bleiben asymptomatisch. Schwere Infektionen bei Kindern sind sehr selten. Einige Studien legen nahe, dass Kinder auch häufig infiziert sind, die Infektion sich jedoch asymptomatisch entwickelt.
Im Gegensatz zu anderen Atemwegsviren scheint das SARS-CoV-2-Virus von Kindern nicht leicht übertragen zu werden. Aktuelle wissenschaftliche Daten (27.04.2020) zeigen, dass innerhalb eines Haushalts das Risiko einer Ansteckung durch einen Erwachsenen höher ist als das Risiko einer Ansteckung durch ein Kind.
Da es aus pädagogischen und emotionalen Gründen wichtig ist, dass Kinder zur Schulezurückkehren, besteht in der (begrenzten) nationalen Literatur allgemeiner Konsens darüber, dass Schulen sicher und unter Berücksichtigung der Maßnahmen, die von den zuständigen Behörden bekanntgegeben wurden, den Unterricht wieder aufnehmen können.
Es wurde also nie behauptet, Kinder würde das Virus gar nicht weitergeben. Dennoch muss die Frage geklärt werden, wie stark sie das Virus weitergeben. Ein Blick in die Schulen kann ein Anhaltspunkt dafür sein: In der Woche vom 12. bis 16. Oktober gab die ONE folgende Zahlen zur Corona-Lage in den Schulen der Fédération Wallonie-Bruxelles bekannt: von 900000 Schülerinnen und Schülern waren 3612 an Corona infiziert, hinzu kamen 1166 Lehrpersonen.
Im Zeitraum von zwei Wochen (3. bis 16. Oktober) ergeben die Zahlen auf 100000 Schülerinnen und Schüler heruntergerechnet eine Inzidenz von 587 in den Grundschulen und von 1117 in den Sekundarschulen.
Vor diesem Hintergrund habe ich folgende Fragen an Sie, Frau Ministerin:
- Die wissenschaftlichen Erkenntnisse, auf die sich laut FAQ berufen wird, datieren auf den 27. April. Gibt es Ihrer Einschätzung nach bzw. nach Einschätzung der Experten mittlerweile Grund zur Annahme, dass die damaligen Erkenntnisse in Zweifel gezogen werden sollten?
- Wie haben sich die Infektionszahlen in den Schulen der DG in den vier Unterrichtswochen im Oktober entwickelt ?
Antwort der Ministerin:
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
werte Kolleginnen und Kollegen,
wie Sie bereits erwähnten, diskutieren Experten kontrovers sowohl in Bezug auf die Infektionsquote, den Infektionsverlauf als auch die Infektionsübertragung durch Kinder.
Einigkeit scheint jedoch in der Aussage zu bestehen, dass die Schulen nicht der Motor der Pandemie sind. Dies sagt in meinen Augen einiges über die von Wissenschaftlern vermutete Ansteckungsgefahr, die von Kindern ausgeht, aus.
In der Note, die sie am 25. Oktober 2020 den Bildungsministern zukommen ließen, sind die Gesundheitsexperten nicht direkt auf die Ansteckung von Kindern eingegangen, wohl aber auf ihre Feststellungen zur Übertragung des Virus im schulischen Kontext. Darin teilen sie mit, dass bis vor kurzem die Zahl der Infektionen in den Schulen weniger rasant zugenommen hätte als in der Gesellschaft, wobei – ich zitiere – „es nicht viele Anzeichen dafür gegeben hat und gibt, dass es zu Übertragungen innerhalb der Schule bei den Schülern gekommen ist (wohl aber unter Lehrern); es gab und gibt immer noch mehr Anzeichen dafür, dass die Übertragung hauptsächlich außerhalb der Schule stattfindet“. (Zitatende)
Ich maße mir nicht an, den Krankheitsverlauf und die Ansteckung, die von Kindern ausgeht, zu beurteilen. Wir stützen uns bei allen Maßnahmen auf die Einschätzung der Gesundheitsexperten, und diese haben mir bislang keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorgelegt, die mich an den von ihnen angesprochen Inhalten des ministeriellen Rundschreibens zweifeln lassen.
Die Infektionszahlen in den Kindergärten, Primar-, Sekundar- und Förderschulen der Deutschsprachigen Gemeinschaft haben sich seit Anfang Oktober entsprechend dem generellen Infektionsgeschehen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft entwickelt. Während zu Beginn der ersten Unterrichtswoche am 5. Oktober 2020 lediglich 6 Schüler nicht zur Schule kommen konnten, weil sie positiv getestet wurden, waren es eine Woche später, am 12. Oktober, bereits 34 Schüler. Diese Entwicklung fand ihren Höhepunkt am 19. Oktober mit 86 Schülern und blieb in etwa auf diesem Niveau bis Ende Oktober (26.10.: 83 Schüler, 30.10.: 75 Schüler). Dies entspricht 0,7% aller Schüler.
Erwähnt sei abschließend erwähnt, dass die belgischen Gesundheitsexperten selbstverständlich die Studien auf internationaler Ebene in ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse einfließen lassen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frage von Andreas Jerusalem an Ministerin Klinkenberg zur Lüftungsstrategie
Aerosole – aktuelle Studien belegen, dass Covid-19 in geschlossenen Räumen von ihnen am wirkungsvollsten übertragen wird – wirkungsvoller also als durch die direkte Tröpfcheninfektion und deutlich wirkungsvoller als durch die Schmierinfektion durch unreine Oberflächen. Die Aerosole, also Kleinstteilchen der Atemluft, enthalten eine minimale Viruslast. Durch das Ausatmen werden sie abgegeben und verteilen sich anschließend gleichmäßig in der Raumluft. Je länger dies geschieht, umso höher steigt die Viruskonzentration im geschlossenen Raum.
Beim bloßen Atmen gibt der Mensch nur geringe Mengen dieser Partikel ab. Beim normalen Sprechen erhöht sich der Wert bereits um das Zehnfache, beim Rufen liegt er gar 50 Mal höher. Natürlich gelten diese Werte nicht erst seit dem Bekanntwerden von Covid-19, überprüft wurden sie aber auch in diesem Kontext.
Für den Schulalltag bedeutet dies leider, dass infizierte Lehrpersonen das Virus allein schon aufgrund ihres hohen Redeanteils im Unterricht stärker verbreiten als Schülerinnen und Schüler – natürlich immer vorausgesetzt, sie tragen das Virus in sich und sind deshalb ansteckend.
Untersuchungen haben gezeigt, dass eine ansteckende Lehrperson das Virus in einem Klassenraum mit 25 Schülerinnen und Schülern innerhalb von zwei Unterrichtsstunden ohne jegliche Sicherheitsvorkehrungen an bis zu 12 Schülerinnen und Schüler weitergeben kann. Durch das Tragen von Mund-Nasen-Masken, die die Viruslast in der ausgeatmeten Luft nachweislich senken, wird diese Zahl bereits auf 5 reduziert. Durch wirkungsvolles und regelmäßiges Lüften ergänzt, sinkt diese Zahl auf unter zwei Ansteckungen.
Eine absolute Sicherheit gibt es logischerweise nur, indem infizierte Personen mittels Quarantäne isoliert werden, bevor sie ansteckend sind..
Als wirkungsvolle Methode wird zunächst natürlich das gewöhnliche Lüften mit geöffnetem Fenster empfohlen. Damit dieses jedoch die nötige Wirkung entfaltet, muss “quer” gelüftet werden, es muss also ein deutlicher Luftzug entstehen. Das ist aber wiederum auch wetterabhängig. Bei absoluter Windstille zum Beispiel ist wirkungsvolles Lüften kaum möglich. Außerdem kühlen die Klassenräume durch das offene Fenster natürlich für kurz Zeit aus – wenn auch in der Regel in zumutbarem Maße.
Eine Alternative zum Lüften mit offenem Fenster können Klimaanlagen mit Luftfilter sein, die in den Schulen und Kindergärten der DG jedoch eher selten sein dürften. Daher bietet sich die Lösung der transportablen Raumlüfter an. Laut Christian Kähler, Leiter des Instituts für Strömungsmechanik und Aerodynamik der Universität der Bundeswehr München, müssen derlei Lüfter zwei Qualitätskriterien erfüllen:
- Sie müssen das Sechsfache des Raumluftvolumens in einer Stunde umwälzen.
- Sie müssen mit einem einem Hepa-Filter (High Efficiency Particulate Air/Arrestance) der Klasse H 13 oder H 14 ausgestattet sein, der auch kleinste Partikel im Submikormeterbereich verlässlich abscheidet.
Außerdem sollten sie laut Kähler eine Lautstärke von 52 Dezibel nicht überschreiten, um das Unterrichtsgeschehen nicht zu stören.
Kähler erklärt, mit diesen Raumlüftern werde die Viruslast auf einem so niedrigen Niveau gehalten, dass man sich vor einer indirekten Infektion, sprich der Übertragung über Aerosole, nicht sorgen muss.
Aus diesem Grund habe ich folgende Fragen an Sie, Frau Ministerin:
- Besteht in allen Klassenräumen der DG die Möglichkeit die Fenster zum effektiven Lüften zu öffnen?
- Wie stehen Sie, Frau Ministerin, zu der Überlegung, die Bildungseinrichtungen der DG flächendeckend mit Raumlüftern der oben beschriebenen Qualität auszustatten?
- Wie sieht aktuell die Vorgabe für Schulen aus, was das regelmäßige Lüften der Klassenräume angeht?
Antwort der Ministerin:
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
am 27. Oktober 2020 wurde den Schulen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft ein Corona-Leitfaden für die Phase Rot zugestellt. Dieser Leitfaden wurde von den dienstleitenden Gefahrenverhütungsberatern des freien subventionierten Unterrichtswesens (FSU) und des Gemeinschaftsunterrichtswesens (GUW) erarbeitet und ist als Ergänzung des ministeriellen Rundschreibens zu verstehen. Auf den Seiten 14 bis 16 des Leitfadens wird die Belüftung thematisiert.
Unter anderem geht daraus hervor, dass ein Raum, in dem aufgrund baulicher Maßnahmen Fenster dauerhaft nicht geöffnet werden können, nicht für den Unterricht geeignet ist – es sei denn, es ist eine effektive Lüftungsanlage vorhanden. Folglich sollte es in der Deutschsprachigen Gemeinschaft keinen Klassenraum geben, in denen die Fenster nicht geöffnet werden können, insofern keine effektive Lüftungsanlage vorhanden ist.
Der Leitfaden erklärt darüber hinaus, was bei der Lüftung der Räume zu beachten ist und unterscheidet dabei zwischen den Gebäuden, die über ein mechanisches Lüftungssystem gelüftet werden und den Gebäuden, bei denen eine manuelle Lüftung vorgenommen werden muss.
Aus dem Leitfaden geht zudem hervor, dass unabhängig vom Lüftungssystem mindestens nach jeder Unterrichtsstunde eine manuelle Stoßlüftung durch das Öffnen der Fenster durchzuführen ist.
Angesichts der sinkenden Temperaturen in den Herbst- und Wintermonaten steigt die Tendenz, die Fenster geschlossen zu halten, sodass die Räume in den Schulen weniger gelüftet werden. Dies hat eine schlechtere Luftqualität in den Klassenzimmern zur Folge.
Die Nutzung von Luftfiltern wird in Klassenräumen laut einer Stellungnahme des Deutschen Umweltbundesamtes nicht empfohlen, da deren Einsatz nicht ausreicht „um wirkungsvoll über die gesamte Unterrichtsdauer die Vieren aus der Raumluft zu entfernen“ . Zudem ist aufgrund der großen Anzahl auszustattender Räume von einem relativ hohen Anschaffungspreis und aufwändigen Unterhaltsarbeiten auszugehen. Laut dem Umweltbundesamt werden für Schulen und andere Gebäuden mit Räumen mit hoher Personenbelegung sogenannte CO2-Ampeln empfohlen, die einen groben Anhaltspunkt zu guter oder schlechter Lüftung geben können.
CO2-Ampeln bieten eine stetige Überwachung der CO2-Konzentration im Raum und zeigen an, wenn der CO2-Gehalt zu hoch ist. So können die Personen, die sich im Raum befinden, sofort reagieren und den Raum durch das Öffnen von Fenstern ausreichend belüften. Aus all diesen Gründen hat die Regierung sich dazu entschieden, alle Klassenräume, Studiersäle und Lehrerzimmer der Grund- und Sekundarschulen des Regel- und Förderschulwesens in der Deutschsprachigen mit solchen CO2-Ampeln auszustatten.
Die dienstleitenden Gefahrenverhütungsberater des FSU und des GUW, die bereits gemeinsam diverse Leitfäden für die Schulen zum Umgang mit dem Coronavirus erarbeitet haben, sind mit der Auswahl eines geeigneten Geräts beauftragt.
Die Verwaltung sammelt derzeit die Angaben zur Anzahl Räume pro Niederlassung der Grund- und Sekundarschulen, damit die korrekte Anzahl CO2-Ampeln angeschafft werden kann. Ausgenommen von der Anschaffung sind die PPP-Schulgebäude, da diese bereits mit Lüftungsanlagen, die über CO2-Sensoren gesteuert werden, ausgestattet sind. Nichtsdestotrotz muss unterstützend auch in diesen Gebäuden nach jeder Unterrichtsstunde gelüftet werden.
Zusätzlich zu dieser Maßnahme werde ich zeitnah eine Sensibilisierungskampagne in die Wege leiten. Diese Kampagne wird vor allem darauf abzielen, das Lehrpersonal, die Schüler und Eltern für die Maßnahmen zu sensibilisieren.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!