Die Enthüllungen um Frédéric Janssens (MR) haben mich sehr getroffen. Ich bin schockiert über die Art und Weise, wie er mit öffentlichen Geldern umgegangen ist und seine Vollmacht missbraucht hat. Gleichzeitig bin ich aber auch sehr betroffen darüber, dass es überhaupt so weit kommen konnte. Hier sehe ich alle Abgeordneten in der Pflicht: Wenn die Politik das Vertrauen der Menschen zurückbekommen möchte, darf so etwas nicht mehr passieren. Wir brauchen transparente Gremien und Entscheidungsprozesse und vor allem Menschen, die Politik für die Bürger und unsere Zukunft machen und nicht für sich selbst oder ihre Partei.
Auch wenn die Verantwortung in dieser Sache kollektiv ist, ist sie nicht für jeden Gleich: Ein Parlamentspräsident, der mehr als ein Ministerpräsident verdient und die alleinige Aufgabe hat, das Parlament zu führen, hat ganz klar eine andere Verantwortung als ein Mitglied des Büros, dass zwar auch für diese Arbeit zusätzlich bezahlt wird, aber nebenher auch noch “ganz normaler” Abgeordneter ist und zahlreiche andere Dossiers verfolgt. Und ich gehe sogar noch weiter: Auch die normalen Abgeordneten – mich inklusive – hätten sich mehr Fragen stellen müssen und das Ganze auch öffentlich.
Seit Beginn der neusten Enthüllungen um den Greffier des Wallonischen Parlaments (Anfang September) hat unser Mitglied im Büro auf die Vorwürfe reagiert, indem er folgende Maßnahmen gefordert und durchgesetzt hat: Suspendierung des Greffiers, unabhängiger Bericht über seine Ausgaben, unabhängige Kontrolle der Konten des Parlaments durch den Rechnungshof, Einsetzung einer öffentlichen Kommission, die künftig die Konten des Parlaments kontrolliert. Ecolo fordert darüber hinaus, dass das Büro des Parlaments der Opposition geöffnet und seine Entscheidungen öffentlich zugänglich gemacht werden. Die Regeln bzgl. der Kosten, die für parlamentarische Missionen (“Reisen”) aufgewendet werden, sollen verschärft werden. Wir fordern außerdem, dass die Bezüge der Abgeordneten reduziert werden.
Manu Disabato hat also eine ganze Reihe von Veränderungen und Reformen angestoßen, die jetzt weiter verfolgt werden müssen. Er war es auch, der (mir Sophie Pecriaux, PS), die Beschwerden der Mitglieder des Personals gegen den Greffier auf die Tagesordnung des Büros gesetzt hat. Diese Treffen mit Personalmitgliedern haben die Suspendierung des Greffiers ermöglicht. Er hat also in vielen Bereichen seine Rolle ausgefüllt und sehr positive Entwicklungen angestoßen, tritt aber zurück, weil er – so wie die anderen Mitglieder des Büros – nicht ausreichend seine Kontrollfunktion in Bezug auf die Ausgaben für Bauprojekte wahrgenommen hat und das auch anerkennt.
Solche Affären sind Gift für unsere Demokratie. Sie höhlen das Vertrauen der Menschen in die Politik aus und sind in dem Sinne auch eine Beleidigung für alle jene Politiker, die ihre Aufgabe mit Herzblut und Engagement nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen. Sie spielen außerdem den Populisten in die Karten, die mit dem Diskurs, dass “alle Politiker korrupt” sind, versuchen, den Bürgern ihr eigenes Schwarz-weiß-denken aufzuzwingen und aus solchen Affären Kapital zu schlagen.
Ich bin überzeugt davon, dass es eine neue Generation Politiker gibt, die genauso wie die Bürger die Schnauze voll haben von Klüngel und politischen Spielchen. Diese Generation muss sich jetzt Gehör verschaffen. Wenn wir möchten, dass die Bürger uns respektieren, müssen wir uns zuerst gegenseitig respektieren. Ich habe oft den Eindruck, in der Politik ist alles erlaubt, um seinen “Gegner” schlecht da stehen zu lassen und das kann nicht so weitergehen. Die kleinlichen Streitereien, die sich viele Politiker in den sozialen Netzwerken und in der Presse liefern, sind der Demokratie unwürdig. Ich wünsche mir, dass in Zukunft sachlich und konstruktiv diskutiert wird, denn die Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft steht, sind gigantisch. Alle Energie, die wir darauf verschwenden, uns gegenseitig Steine in den Weg zu legen, fehlt uns, wenn es darum geht, die zahlreichen Krisen, die wir gerade durchleben, zu bewältigen.
Anne Kelleter
Ecolo-Regionaleabgeordnete