“Stark vereinfacht” – “Mehr Nutznießer” – “Kein Nachteil”. So oder so ähnlich lautet der Tenor der Regierung rund um das neue Pflegegeldsystem für Senioren in der DG. Richtig ist, dass mit dem neuen System mehr Rentner vom Pflegegeld profitieren. Nicht ganz falsch ist auch die Logik, dass das Pflegegeld nun vom Pflegebedarf und nicht vom Einkommen abhängt. Wer aber etwas tiefer gräbt und sich die Umsetzung im Detail anschaut, der stößt auf gleich zwei grundlegende Fehler im System.
Eine Beispielrechnung: Bislang erhielten Personen mit hohem Unterstützungsbedarf bei gleichzeitig geringem Einkommen bis zu 656,25 € Pflegegeld monatlich. Ab 2023 jedoch wird die höchste Pflegegeldkategorie bei 447 € gedeckelt und der potenziell Begünstigte erhält bis zu 209,25 € monatlich weniger als noch im alten System. Dies entspricht einer Verminderung um 32 %! Die Ausschüttung öffentlicher Gelder nach dem Gießkannenprinzip erfolgt also zu Lasten der einkommensschwächsten Senioren und somit jener Menschen, die das Pflegegeld benötigen, um über die Runden zu kommen.
Hinzu kommt, dass mit der Einführung des neuen Pflegegelds das automatische EKE-Statut eines Seniors wegfällt. Das Statut der erhöhten Kostenerstattung (EKE) ist ein föderales Recht, das aus einer Einkommensprüfung abgeleitet wird. Diese Einkommensprüfung fällt im neuen ostbelgischen Pflegegeld… weg. Also gibt es für die Betroffenen auch kein automatisches EKE-Statut mehr, welches ihnen zahlreiche zusätzliche finanzielle und nicht finanzielle Vorteile gewährt (nicht zuletzt eine erhöhte DG-Energieprämie bei energetischer Sanierung). Um das EKE-Statut und die damit verbundenen Vorteile zu erhalten, muss ein Senior nun eigenständig und mit einem umständlichen Dossier seine Einkommensprüfung selbst mit einer Krankenkasse organisieren. In einer Zeit, wo es immer schwerer ist, an seine Rechte zu kommen, und die digitale Kluft besonders im Alter immer größer wird, ist das sicherlich nicht zielführend.
Natürlich kann eine neue Maßnahme, die man einführt, nicht gleich alle Fälle mitbeachten. Der beste Test für die Wirksamkeit eines Dekrets ist die “reale” Welt. Aber man sollte zumindest die Einsicht zeigen, dass Nachbesserungen nötig sind. Wir werden weiterhin darauf pochen, dass die Regierung diese in Angriff nimmt.
Inga Voss
Abgeordnete der Ecolo-Fraktion im PDG
Fabienne Colling
Ecolo Spitzenkandidatin PDG-Wahlen 2024