Das vergangene Jahr war geprägt von tiefgreifenden Sparmaßnahmen, die zahlreiche Familien und Bürgerinnen und Bürger in der Deutschsprachigen Gemeinschaft direkt getroffen haben. Für die Ecolo-Fraktion bleibt festzuhalten: Vieles wurde auf dem Rücken jener entschieden, die ohnehin schon belastet sind.
Mit großer Sorge blicken wir auf die kommenden Monate. Die Schieflage im Haushalt der DG hat sich noch verschärft, und anstatt mit sozial gerechter Prioritätensetzung gegenzusteuern, drohen weitere Einschnitte in wichtigen Bereichen. Gerade jetzt ist aber eine Politik gefragt, die die Menschen stärkt, Chancen sichert und nachhaltige Investitionen ermöglicht – in Bildung, Gesundheit, Klima und soziale Gerechtigkeit.
Die heutige Haushaltslage ist nicht nur das Ergebnis äußerer Krisen, sondern auch hausgemacht. In vielen Politikfeldern gibt die DG seit Jahren mehr aus, als sie vom Föderalstaat oder der Wallonischen Region erhält. Reformen der letzten Legislatur – etwa bei Energieprämien, Pflegegeld, Kinderbetreuung – wurden eingeführt, ohne eine wirksame Steuerung oder langfristige Finanzierung. Infrastrukturprojekte wurden gestartet, ohne Gesamtrevision oder klare Prioritäten. Die wiederholten Warnungen der Ecolo-Fraktion wurden ignoriert oder heruntergespielt. Das Resultat ist heute ein panischer Rundumschlag an unkoordinierten Sparmaßnahmen, die vor allem Familien, Kinder und Menschen mit kleinem Einkommen treffen.
Als einen großen finanzpolitischen Fehler betrachtet die Ecolo-Fraktion die Vorauszahlungen in Höhe von 117 Millionen Euro an die Gemeinden und ÖSHZ sowie 30 Millionen Euro Vorschuss auf die Dotationen der Wohn- und Pflegezentren. Die Grünen haben von Anfang an davor gewarnt, dass dieses teure Vorgehen die finanzielle Lage kurzfristig verschleiert, langfristig aber neue Probleme schafft. Die Vorauszahlungen werden über Anleihen finanziert, was die zukünftige Haushaltsbelastung weiter erhöht. Die DG-Regierung schiebt ihre Probleme in die Zukunft – auf Kosten der Menschen und Familien, die jetzt unter den Sparmaßnahmen leiden.
In den Augen der Ecolo-Fraktion müssten wir uns längst über das wichtigste Dekret dieser Legislaturperiode unterhalten: die Raumordnungsgesetzgebung. Doch der Prozess, der in der vergangenen Legislatur mit viel Geld, Zeit und Einbindung der Zivilgesellschaft begonnen hatte, wird völlig neu aufgerollt. Die Zuständigkeit wurde der DG bereits 2020 (!) übertragen, doch bislang gibt es kaum Fortschritte. Im Gegenteil, es ist völlig unklar, wie sich die Regierung die Umsetzung vorstellt, wann das Parlament eingebunden wird und welche Prioritäten gesetzt werden. Für die Grünen steht fest: In Zeiten zunehmender Bodenversiegelung müssen wertvolle Flächen effizienter genutzt werden. Die DG muss dringend Verantwortung übernehmen für den Schutz des Landschaftsbildes unserer schönen Region.
Herausforderungen gibt es auch im Bereich Beschäftigung. Die Arbeitsmarktreform der föderalen Arizona-Regierung verlagert die Problematik der Langzeitarbeitslosigkeit in die Teilstaaten: 60 % der Bezieher von Arbeitslosengeld werden in der DG ihren Anspruch verlieren. Wenn sie keine Arbeit finden, wird ein erheblicher Teil von ihnen Unterstützung bei den ÖSHZ anfragen. Für deren Finanzierung sind jedoch die Gemeinden und im Bedarfsfall auch die DG zuständig. Die Mittel, die der Föderalstaat zum Ausgleich in Aussicht gestellt hat, decken nur einen Bruchteil der Mehrkosten. Die DG-Regierung hatte lautstark Kostenneutralität gefordert, doch nun ist klar: Das ist unmöglich.
Das Arbeitsamt, aber auch die ÖSHZ, müssen Arbeitsvermittlung, Begleitung, Aktivierung und Nachqualifizierung ausbauen, ohne zusätzliches Personal. Wir befürchten, dass sie diese Hürde kaum nehmen können, wodurch vor allem Menschen auf der Strecke bleiben werden, die nicht über eine solide Schulbildung verfügen. Statt vorausschauend zu handeln, verlässt sich die DG auf unzureichende Gelder des Föderalstaats.
Auch im Bildungsbereich gibt es dringenden Reformbedarf. Immer wieder wird betont, dass die Grundlagen im Bildungswesen gestärkt werden sollen. Diesen Anspruch teilen wir – solange er nicht als Rückschritt in alte Lernmethoden verstanden wird. Unser Bildungssystem muss sich weiterentwickeln: reines Auswendiglernen und stures Pauken werden niemandem dabei helfen, bessere Ergebnisse in Mathe, Deutsch oder Französisch zu erzielen. Stattdessen müssen Schulen die Möglichkeit haben, sowohl individuelle Lernwege als auch gemeinschaftliches Lernen zu fördern. Beides darf nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Erfolgreiches Lernen für alle bedeutet, dass jedes Kind einen eigenen Zugang zu einem gemeinsamen Thema findet. Dieses Prinzip der Differenzierung ist unerlässlich, wenn wir zukunftsorientiertes Lernen ermöglichen wollen. Wie die Regierung diese große Reform angehen will, mit wem sie darüber redet und wer in diese Überarbeitung eingebunden wird, können wir nicht erkennen. Obendrein gibt es weitere Dauerbaustellen: Ungerechte Gehaltstabellen im Unterrichtswesen, die Personen mit Gesellen- oder Meisterbrief, aber auch mit Bachelordiplom benachteiligen, das Fehlen einer Arbeitszeitregelung, steigende Kosten für den Schulbesuch, vor allem in der technischen Ausbildung der Sekundarschulen liegen die Kosten weit über dem gestrichenen Schulbonus, uvm. Wir vermissen hier wesentliche Impulse.
Die Ecolo-Fraktion fordert die DG-Regierung auf, endlich Verantwortung zu übernehmen: für einen fairen Finanzhaushalt, für Reformen, die Menschen und Familien stärken, und für eine nachhaltige Nutzung unserer begrenzten Ressourcen. Es ist Zeit, dass die Regierung klare Prioritäten setzt und die Schieflage in Haushalt, Raumordnung, Beschäftigung und Bildung aktiv korrigiert, statt sie weiter auf andere Ebenen abzuwälzen. Die DG braucht eine Politik, die sozial gerecht, ökologisch verantwortungsvoll und zukunftsorientiert ist.
Fabienne Colling
Fraktionsvorsitzende
Andreas Jerusalem
Abgeordneter