Eine DG, die ihren Menschen, Vereinen und Gemeinden Platz lässt, sie unterstützt und respektiert
Die Deutschsprachige Gemeinschaft verwaltet und gestaltet immer mehr Zuständigkeiten. Daher, und gerade weil sie so klein ist, ist es umso wichtiger, dass die Politik in der DG permanent ein offenes Ohr, eine offene Haltung hat gegenüber den Ideen und Bemerkungen der Menschen, Vereine und Organisationen. Auch die Kommunen sollen sich frei fühlen, ihren Gestaltungsspielraum voll zu nutzen, ohne ständig ein Abhängigkeitsgefühl gegenüber der DG und ihrer Politik zu empfinden. Mehr beteiligen und einbinden sollten wir die Organisationen, Vereinigungen, in denen sich Menschen im Rahmen ihrer Arbeit oder im Ehrenamt täglich für das Allgemeinwohl einsetzen.
Politik auf diese Art und Weise zu gestalten, den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu unterstützen, ist für uns Grüne Teil unserer DNA. Diese Unterstützung fängt im Kleinen an, in unserem direkten Umfeld.
Beteiligung auf allen Ebenen
Wenn in unseren Gemeinden die Vereine und Bürger an der Gestaltung ihres Viertels mitwirken, dann ist uns wichtig, dass diese Menschen auch bei der Politik ein offenes Ohr finden und ganz unbürokratisch die Unterstützung erhalten, die sie brauchen.
Wenn Dekrete der Deutschsprachigen Gemeinschaft die Arbeit und Finanzierung von Organisationen, Vereinen oder Einzelpersonen regeln sollen, dann ist uns wichtig, dass diese Organisationen nicht als Dienstleister behandelt werden, sondern als wertvolle Partner.
Das bedeutet auch, dass diese Akteure von Anfang an eingebunden sind und ihr Fachwissen zu Rate gezogen wird, wenn eine Reform ansteht. Das darf nicht erst passieren, wenn eigentlich schon alles entschieden ist.
Und jedes Mal, wenn wir uns genau dafür einsetzen, merken wir, dass diese Beteiligung der Zivilgesellschaft nicht allen Politikern gleich wichtig ist, dass regelmäßig, wie zum Beispiel im Jugendbereich, in der Erwachsenenbildung, in der Seniorenhilfe oder im Wohnungsbau wir für echte Beteiligung und Partnerschaft eine hohe Sensibilität haben und dafür kämpfen müssen.
Daher wollen wir uns auch weiterhin dafür einsetzen, um Organisationen, Vereinigungen und Einzelpersonen in ihrer Arbeit zu stärken und wert zu schätzen. In unseren Gemeinden und in der Deutschsprachigen Gemeinschaft wollen wir uns dafür einsetzen, dass jeder Akteur seinen Gestaltungsraum frei und kretiv mitgestalten und mitentscheiden kann.
Eine DG, die auch ihre Grenzen anerkennen kann und damit um zu gehen lernt
Neue Zuständigkeiten wir der Wohnungsbau und auch die Raumordnung bringen Vorteile, schaffen jedoch auch Nachteile und Probleme, die man nicht unter den Teppich kehren sollte. Viel zu oft verfällt die Mehrheit in einen „Hurra-Ostbelgien-Patriotismus“, der die Augen vor der Wirklichkeit verschließt und die enormen Herausforderungen klein redet.
Die Regierungserklärung vom vergangenen Montag ist nur das jüngste, wenn auch ein besonders anschauliches Beispiel dieser staatlich verordneten Nabelschau.
Eine DG, die sich zum Schutz ihrer Bürger selbst Grenzen setzt
Mit der Übernahme der neuen Zuständigkeiten dehnt sich der Einfluss der DG in alle Bereiche des täglichen Lebens aus. In jedem Alter und in jeder Lebenssituation: Es gibt kaum noch einen Moment des gesellschaftlichen Lebens, der nicht von den Regeln und der Unterstützung der DG abhängig ist.
Immer wieder machen wir die Erfahrung, dass die DG zunehmend vereinnahmend gegenüber den gesellschaftlichen Akteuren auftritt, dass sie an ihrer Stelle handelt, oder dass sie sie schlichtweg durch eine staatliche Einrichtung ersetzt.
Und was, wenn der Bürger, der Verein oder die Gemeinde ein Problem mit einer unangemessenen Entscheidung der DG hat? Dann kann er sich gerne an die Regierung der DG wenden. Eine Regierung, die ihrer eigenen Machtposition gegenüber so betriebsblind ist, dass sie erst letztes Jahr auf unsere Nachfrage hin erklärt hat, dass sie so grundlegende Korrekturmechanismen wie etwa eine anonymisierte Qualitätskontrolle in ihren Ministerien für unnötig hält.
Eine DG, in der Bürgerbeteiligung und Demokratie nicht nur Fassade sind, sondern gelebt werden
Der Bürgerdialog im vergangenen Jahr war ein wichtiger erster Schritt zu einer aktiven Beteiligung der Gesellschaft an der Gemeinschaftspolitik. Uns Grünen wäre es jedoch wichtig, dass dieser Bürgerdialog tatsächlich auch in einen demokratischen Prozess eingebunden ist. Wie kann es sein, dass ein Ministerpräsident im Alleingang neue Formen der Bürgerbeteiligung verkündet, flankiert vom Parlamentspräsidenten, noch bevor das Parlament als Schirmherr dieser Bürgerbeteiligung auch nur mit einem Wort darüber informiert ist? Bis heute hat im PDG keine einzige Arbeitssitzung zur zweiten Runde des Bürgerdialogs stattgefunden, die augenscheinlich noch vor den Wahlen im Mai stattfinden soll. Wenn überhaupt Vorbereitungen dazu laufen, dann wohl hinter verschlossenen Türen innerhalb der Regierung. Der Präsident hat ihn aber schon als Leuchtturm der Demokratie zum Hauptinhalt seiner Eröffnungsrede am Montag gemacht. Offenbar hat man also nichts aus der überhasteten Umsetzung des ersten Bürgerbeteiligungsprozess zur Kleinkindbetreuung gelernt. Damals war kurz vor Beginn des Prozesses bekannt geworden, dass der sogenannte Masterplan der Regierung zur Kleinkindbetreuung eigentlich längst in der Schublade lag. Echte Beteiligung fängt bei der Weichenstellung an – nicht erst bei der Frage, welche Farbe denn der Zug haben soll!
Freddy Mockel und Marc Niessen
ECOLO-Parlamentarier im Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft