Wort den Parteien – August 2018
In den Vorbereitungen auf die Wahlen taucht immer wieder das Wort Bürgerbeteiligung auf. Bei einigen wird durch Wörter wie „mit“, „für“ signalisiert, wie nahe man den Bürgern ist. Bei anderen werden Zuhörtouren veranstaltet, so als gebe es sonst weder Chance noch Anlass aufmerksam zu sein. Und wer sich ins politische Geschehen reindrängen will, missbraucht das Wort negativ, indem er den Politikern generell unterstellt, die Interessen der Bürger nicht im Blick zu haben. Hinter leeren Worten und pauschalen Vorwürfen verschwindet, dass Bürgerbeteiligung eine große Herausforderung ist. Schon die bestehenden Möglichkeiten zur Beteiligung werden oft gar nicht mehr genutzt. Wie lässt es sich erklären, dass bei wichtigen Kommissionssitzungen nur wenige Vertreter anwesend sind?
Stattdessen gestaltet man die Sitzung des Gemeinderats als Spektakel, um es knallen zu lassen. Man steht lieber in der Zeitung als sich kritisch am politischen Prozess zu beteiligen. Das zweite Problem liegt in der Polarisierung von Meinung und Interesse. Gerade da, wo die Bürgerinteressen sehr weit auseinanderliegen, kommt es nicht darauf an, Politik für die eigenen Leute zu betreiben. Nein wir müssen durch Verständigung einen fairen Kompromiss aushandeln. Und drittens sind Entscheidungen heute sehr komplex. Man kann natürlich mit ideologischen Positionen für Einfachheit sorgen wollen („Passivhausstandard ist das Beste, egal um welchen Preis.“ Oder „Auf keinen Fall Arbeiten auslagern und an Firmen vergeben!“), aber damit wird man im Einzelfall keine sachgerechte Politik machen können. Man braucht beides Sachkunde und Prinzipien!
In diesem Prozess braucht es neue Wege zur Einbindung der Bürger. Das könnte über neue projektbezogene Internetplattformen wie Fluicity oder CitizenLab geschehen. So werden auch Bürger eingebunden, die sonst nicht erreicht werden. Am wichtigsten aber erscheint, dass die Führungspersönlichkeiten für diese Beteiligung einstehen und nicht an ihren alten Seilschaften hängen bleiben. Wir brauchen starke sachkundige Führungskräfte, die nicht schnell die Position wechseln, weil es opportun ist, und die in der Lage sind, unterschiedliche Interessen zu einander zu bringen.
Ulrich DELLER
ECOLO Raeren